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  7. 0:2 gegen Frankreich: EURO 2016: Frankreich wirft Deutschland raus

0:2 gegen Frankreich EURO 2016: Frankreich wirft Deutschland raus

Von Christian Löer 07.07.2016, 21:00
Geschlagen verlassen die DFB-Spieler das Spielfeld.
Geschlagen verlassen die DFB-Spieler das Spielfeld. AP

Marseille - Nach einer knappen Stunde kam die Niederlage ein erstes Mal in Sichtweite, schien sich das Schicksal endgültig gegen die deutsche Elf gewandt zu haben. Deutschland lag nach Griezmanns Elfmetertor aus der 45. Minute 0:1 zurück, dann sank Jérôme Boateng am Mittelkreis in Gras. Der deutsche Abwehrchef war verletzt, die Ärzte signalisierten, dass es nicht mehr weiter ging. Nach dem gesperrten Mats Hummels fehlte der DFB-Elf nun auch der andere beste Abwehrspieler des Turniers, und das in einem EM-Halbfinale gegen den Gastgeber in exakt der Phase des Spiels, in der sie das Risiko erhöhen mussten und jede Zuversicht brauchten.

Doch das Vertrauen der DFB-Auswahl war zu sehr  erschüttert, um in der gewaltigen Atmosphäre von Marseille noch entscheidend zurückzuschlagen. Um 22.51 Uhr war es vorbei: Die deutsche Elf wird dem WM-Titel von 2014 in diesem Sommer nicht die Europameisterschaft folgen lassen. Frankreich steht nach einem 2:0-(1:0)-Sieg am Sonntag gegen Portugal im Finale von Paris. Für den Weltmeister dagegen beginnt nach einer sechswöchigen EM-Tournee der Urlaub.

Löw ändert die Taktik

Joachim Löw hatte auch gegen Frankreich nicht davor zurückgeschreckt, die Taktik nach einem gewonnenen Spiel zu wechseln: Statt einer Dreierkette wie gegen Italien entscheid er sich im EM-Halbfinale wieder für vier Verteidiger auf einer Linie. Neben Jérôme Boateng verteidigte Benedikt Höwedes für Mats Hummels. Auch im Mittelfeld präsentierte der Bundestrainer eine neue Variante: Bastian Schweinsteiger vertrat wie schon über 108 Minuten gegen Italien den verletzten Sami Khedira, zudem stellte Löw den starken französischen Mittelfeldspielern zusätzlich zu Kroos und Schweinsteiger Emre Can entgegen, den 22-Jährigen aus Liverpool, der seine Wucht einbringen sollte, um vor allem Paul Pogbas Kreise einzuschränken.

Heißer Tag in Marseille 

Marseille hatte einen heißen Tag erlebt. Weit mehr als 30 Grad unter wolkenlosem Himmel – die flirrende Stadt war bereit für eine große Nacht im Stade Vélodrome, aus dessen Tribünen-Umläufen aus man das Mittelmeer sehen kann.

Die deutsche Elf brauchte einige Zeit, um sich von der Marseillaise zu erholen, die der französische Teil des Publikums in einer infernalischen Ouvertüre abgesungen hatte. Neuer musste früh (7.) gegen Griezmann halten, nie zuvor im Turnier war der Weltmeister derart unter Druck geraten wie in dieser Anfangsphase.

Doch die Deutschen hielten Stand, fanden sich und begannen, ihren Plan in die Tat umzusetzen. Viele Diagonalbälle aus der Defensive fanden den Weg auf die Flügel, wo die DFB-Strategen Schwächen in Frankreichs Deckung ausgemacht hatten. Nach einer Hereingabe von Emre Can schoss Müller flach am entfernten Pfosten vorbei (13.), Momente später spielte Draxler ins Zentrum, wo Can abschloss und Lloris zu einer Parade zwang.

Frankreichs Spiel kam zum Erliegen

Auch die deutsche Defensive fand sich, was besonders daran lag, dass Bastian Schweinsteiger eine große Unterstützung war. Der Kapitän nahm Griezmann auf, wenn der sich mit Anlauf in die Offensive einschaltete und sorgte außerdem dafür, dass kaum ein Zusammenspiel des Stars von Atlético Madrid mit seinem Mittelstürmer Olivier Giroud stattfand. Frankreichs Spiel kam zum Erliegen. 

Deutschland schien die Partie zu kontrollieren, doch da flog eine Flanke in Neuers Strafraum, Schweinsteiger ging gegen Evra ins Kopfballduell und bekam den Ball an den ausgestreckten Arm. Kaum jemand im Stadion hatte das gesehen, daher wurde erst mit Verzögerung klar, was Schiedsrichter Nicola Rizzoli da gepfiffen hatte: Es gab Handelfmeter. Griezmann verwandelte sicher, dann war Pause. Deutschland lag in jeder Statistik vorn. Doch ein brutal konsequent, aber den Regeln entsprechend gepfiffener Elfmeter hatte den Franzosen in Führung beschert.

Erster Rückstand im Turnier

Deutschland lag zurück, zum ersten Mal bei dieser EM. Der Weltmeister ging verhalten in den zweiten Durchgang, es fehlte an Ideen. Dann musste Boateng vom Platz, und das Unheil nahm seinen Lauf. Joshua Kimmich verlor am eigenen Strafraum den Ball Matuidi, Pogba tanzte Mustafi aus, und in der Mitte nahm Griezmann Neuers unvollständig abgewehrten Ball auf und verwandelte zum 2:0. Kimmich traf in der 74. Minute noch den Pfosten, doch es war vorbei.

Joshua Kimmich traf in der 74. Minute noch den Pfosten, Leroy Sané hätte bei seinem EM-Debüt um ein Haar mit seiner ersten Aktion den Anschlusstreffer erzielt. Doch es mochte nichts Entscheidendes mehr gelingen. Der Weltmeister ist ausgeschieden.