Ernst-Abbe-Sportfeld Ernst-Abbe-Sportfeld: Carl Zeiss Jena plötzlich ohne Stadion

Jena/dpa - Der Form wegen im Volksmund liebevoll „Giraffen“ genannt, gehören die Flutlichter des Ernst-Abbe-Sportfelds seit nunmehr 40 Jahren zur Silhouette Jenas, haben das Stadion zum unikaten Schmuckstück gemacht. Doch nun der Schock: Das 1974 verbaute Metall Europas höchster Flutlichtanlage ist am Sockel weggerostet, die Standsicherheit gefährdet. Konsequenz: Die vier Flutlichtmasten müssen verschwinden und das Stadion bleibt bis zum Abbau für alle Sportler gesperrt.
Fußball-Regionalligist FC Carl Zeiss Jena als Hauptmieter des Areals erhebt angesichts dieser Katastrophennachricht schwere Vorwürfe gegen die Stadt. „Diese Hiobsbotschaft trifft uns aus heiterem Himmel“, klagte Präsident Rainer Zipfel. Sportlich und wirtschaftlich summierten sich die Ereignisse für den Traditionsclub in existenzbedrohliche Ausmaße. „Die sportliche wie wirtschaftliche Tragweite der Komplettsperrung des Ernst-Abbe-Sportfeldes ist für uns noch gar nicht abzusehen. Nach eine Unzahl von Spielabsagen im Winter, dem Hochwasserschaden im Juni, nun vielleicht noch der Wegfall der Saisoneröffnung und ein gesperrtes Stadion. Die Summe der Ereignisse ist für unseren Verein Existenz bedrohend“, klagte Zipfel.
Geschäftsstelle und Mannschaft würden nun aus dem Gelände verbannt - mitten in der Vorbereitung auf eine Saison, die eigentlich den Aufstieg bringen sollte. Das für Samstag geplante Spiel zum 110-jährigen Jubiläum gegen den walisischen Club New Port County fällt nach derzeitigem Stand aus. „Wir sind quasi obdachlos, nicht arbeitsfähig. Das ist umso bitterer, als dass die Stadt Jena schon seit Jahren um den Sanierungsstau bei der Flutlichtanlage weiß. Das ist nun die Quittung. Es kann nicht sein, dass der FCC diese nun zahlen soll“, sagte Geschäftsführer Roy Stapelfeld.
Betroffen sind auch die Bundesligafußballerinnen vom FF USV sowie die Leichtathleten und Wassersportler vom Flussabschnitt, der Teil der Sperrzone ist. Auch das DFB-Pokalspiel des SV Schott Jena gegen den Hamburger SV am 4. August ist in Gefahr. „Ich bin vom Verband angehalten worden, dass wir uns vorsichtig mit einem Plan B beschäftigen“, sagte Jörg Triller, Fußball-Abteilungsleiter von Schott Jena. Eine Anfrage bei RB Leipzig, notfalls dort in der Arena zu spielen, verlief nicht positiv. „Leipzig hat Bedenken geäußert, weil RB und Jena nicht die beste Beziehung haben. Außerdem halten sie es nicht für gut, in so kurzer Zeit den Rasen zweimal zu belasten“, sagte Triller am Donnerstag. RB Leipzig spielt zwei Tage vorher gegen den FC Augsburg. Gera komme als Ausweichort „für die erwarteten Zuschauermengen auch nicht infrage, weil die Hochwasserschäden bei weitem noch nicht behoben sind. Uns bleibt nur, zu warten und aus Jena auf weißen Rauch zu hoffen.“
Die Carl-Zeiss-Fans haben derweil einen Hauptschuldigen schon ausgemacht. Sie machen die Kommunalen Immobilien Jena (KIJ) als Betreiber für die Katastrophe maßgeblich verantwortlich. Diese hätte in den vergangenen Jahren unter anderem am Korrosionsschutz gespart und seit 2010 knapp 1,7 Millionen Euro zur Flutlichtsanierung zurückgehalten, obwohl das Geld im Haushalt sogar vorgesehen gewesen wäre, hieß es in einer Stellungnahme der Bürgerinitiative „Unser Stadion“ Jena: „Die jetzige Situation hätte vermieden werden können.“
Der von den Fans schon langersehnte Umbau des Stadion in eine Multifunktionsarena würde „jegliche Instandhaltungen oder Investitionen in den derzeitigen Bestand voraussichtlich überflüssig machen“, begründete Oberbürgermeister Albrecht Schröter erst vor wenigen Tagen in einem Brief an die Fans. Grob fahrlässig, sagen die. Und noch dazu widersprüchlich. „Die Stadt ist es doch, die in Sachen Umbau seit Jahren auf Zeit spielt“, klagte Dirk Plötner, Vorsitzender der 2008 gegründeten Bürgerinitiative. Deren Forderung ist deshalb klar: Die neue Arena endlich auf den Weg zu bringen, bevor das Sportfeld in Sachen Investition zum Fass ohne Boden werde.
Der Abbau der Flutlichtmasten soll nun zügig vonstattengehen - bis dahin ist aber kein Sport auf dem Gelände möglich. „Das ist für alle Beteiligten nicht schön, aber Sicherheit geht vor“, erklärte Gunnar Poschmann, Pressesprecher der Kommunalen Immobilien Jena (KIJ).