Deutsche Frauen bei WM in Kanada weiter: Deutsche Frauen bei WM in Kanada weiter: Deutschland siegt im Elfmeterschießen gegen Frankreich

Montreal - Was genau diese Digitaluhr an einer der unzähligen Betonsäulen soll, die in den gewaltigen Katakomben des Olympiastadions von Montreal den Countdown bis zum Finale der Frauen-WM am 5. Juli in Vancouver nach Tagen, Stunden und Sekunden herunterzählt, weiß eigentlich niemand so genau. Fest steht nur, dass die deutsche Frauen-Nationalmannschaft nach dem gestrigen Viertelfinale diesen Takt weiter mitgehen kann. Mit einem 6:5 (1:1, 0:0)-Sieg nach Elfmeterschießen gegen den hoch gehandelten Nachbarn Frankreich nahm die DFB-Auswahl die vielleicht schon größte Hürde. Der Titeltraum lebt also weiter.

Vom Punkt auf dem Plastikgras trafen Melanie Behringer, Simone Laudehr, Babett Peter, Dzsenifer Marozsan und Celia Sasic, während auf der Gegenseite tatsächlich die eingewechselte Claire Lavogez vergab. Und wieder war Elfmeterkillerin Nadine Angerer zur Stelle. Und ganz nebenbei hat Silvia Neid schon jetzt mehr erreicht als bei der Heim-WM 2011, als im Viertelfinale gegen Japan das Stoppschild aufgetaucht war. Die Bundestrainerin hatte stets das Halbfinale als persönlichen Erfolg bezeichnet – alles was jetzt noch kommt, gilt für die 51-Jährige als Zugabe. Im Halbfinale in der Nacht zu Mittwoch an derselben Stelle kann der zweifache Weltmeister mit Selbstbewusstsein gehen.

Lange blieb das deutsche Team ausgerechnet an diesem Tag vieles schuldig. Bezeichnend dafür der erste Gegentreffer: Nach einer zu kurzen Kopfballabwehr von Babett Peter kam die großartige Louisa Necib in Position, dessen Schuss Annike Krahn unglücklich wie unhaltbar für Nadine Angerer abfälschte (64.). Ein bisschen Glück half dann beim Ausgleich mit: Leonie Maier lupfte die Kugel, die an die Hand von Amel Majri sprang. Den fälligen Elfmeter verwandelte Celia Sasic sicher (84.). Es sollte der Vorgeschmack auf den Elfmeterkrimi sein, denn die Verlängerung blieb torlos – weil Gaetane Thiney in der 117. Minute das leere Tor nicht traf.

Wie schon erwartet waren nur 24859 Besucher in Montreal in die mächtige Betonschüssel gekommen, die wie ein Relikt aus einer vergangenen Sportepoche im Parc Olympique der Millionenstadt liegt. Von Anfang kam der Europameister nicht in diese Partie, leiste sich hanebüchene Abspielfehler, gewährte zu große Räume, leistete sich unnötige Fouls. Die Mängelliste war lang, weil auch die Selbstüberzeugung aus den vergangenen Partien fehlte.

Das Pressingspiel mit der vorderen Angriffsreihe funktionierte die erste Halbzeit fast gar nicht, dazu bekamen Lena Goeßling und Melanie Leupolz die Mittelfeldzentrale nicht in den Griff. Der mit Allez-Les-Bleues-Chören unterstützte Weltranglistendritte, mit acht Spielerinnen von Meister Olympique Lyon in der Startelf, spielte zeitweise Katz und Maus mit seinem Gegner.

Nur weil die großartige Louisa Necib nach Fehler von Annike Krahn vorbeischoss (1.), Marie Laure Delie über die Latte köpfte (25.) oder Torhüterin Nadine Angerer gegen Necibs Drehschuss stark reagierte (38.), fiel kein Gegentreffer. Die einzige Chance für Deutschland vergab Celia Sasic bei einem Kopfball in Rücklage (15.).

Der Bundestrainerin blieb gar nichts anderes übrig, als nach der Pause mit Dzsenifer Marozsan die fußballerisch stärkste Akteurin zu bringen, für die die wirkungslose und verwarnte Anja Mittag in der Kabine blieb. Die fast mit Abpfiff offenbarer schwerer verletzte 23-Jährige sorgte denn auch für Besserung. Bei einem Marozsan-Freistoß musste sich Frankreichs Torfrau Sarah Bouhaddi schon gewaltig strecken, um den Ball um den Pfosten zu drehen (58.).

Ausgerechnet in diese Phase platzte dann der Gegentreffer von Filigrantechnikerin Necib. Nachdem Simone Laudehr eine gute Gelegenheit zum Ausgleich vergeben hatte, sah alles schon nach dem deutschen Ausscheiden aus. Dann allerdings zeigte die kanadische Schiedsrichterin Carol Chenard auf den Elfmeterpunkt, von dem Sasic ihr sechstes Turniertor erzielte. Es ging damit in die Verlängerung – und ins Elfmeterschießen.