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198 Spiele als Bundestrainer Nach 15 Jahren mit Titeln und Tiefschlägen: Joachim Löws Ära endet im Tempel Wembley

Die Zeit von Joachim Löw als Bundestrainer ist nach 15 Jahren vorbei. Sein größter Triumph war der WM-Titel 2014, Tiefpunkt das Debakel vier Jahre später.

Aktualisiert: 29.06.2021, 20:16
200 Spiele als Bundestrainer waren Joachim Löw nicht vergönnt: In London endete seine Zeit am Dienstag.
200 Spiele als Bundestrainer waren Joachim Löw nicht vergönnt: In London endete seine Zeit am Dienstag. (Foto: imago/ULMER)

London/SID - Joachim Löw dankte um 18.51 Uhr Ortszeit ab. Drei Jahre nach dem historischen WM-Debakel war für die deutsche Nationalmannschaft durch das 0:2 (0:0) gegen England schon im EM-Achtelfinale Schluss. Statt am 11. Juli im Fußball-Tempel Wembley durch das goldene Tor zu gehen, endete die Ära des „ewigen“ Bundestrainers nach 15 Jahren im Amt in London mit einer herben Enttäuschung.

Dabei war Löw für ein letztes Hurra noch einmal über seinen Schatten gesprungen und hatte Thomas Müller und Mats Hummels über zwei Jahre nach ihrer Ausmusterung zurückgeholt. Durch diesen Schritt zeigte der als Sturkopf geltende Löw Größe und Mut, den ihm viele vor Monaten nicht mehr zugetraut hätten. Es half nichts.

Das 198. Spiel unter seiner Regie war das letzte, auch wenn es bei 124 Siegen erst die 34. Niederlage war. Löw schaffte es einfach nicht mehr, Konstanz in seine Mannschaft zu bekommen. Hoffnungsvolle Leistungen wechselten sich immer wieder mit herben Rückschlägen ab.

Bis 2017 sorgte Joachim Löw für Konstanz im Nationalteam

Dabei war es nach seinem Debüt als Chef nach dem Sommermärchen am 16. August 2006 gegen Schweden (3:0) gerade die Konstanz des DFB-Teams, die für Lob und Anerkennung sorgte. EM-Finale 2008, WM-Dritter 2010, EM-Halbfinale 2012, WM-Triumph 2014, EM-Halbfinale 2016 und Confed-Cup-Sieg 2017 - die Mannschaft spielte unter Löw immer um den Titel und holte auch zwei. Nur der EM-Pokal blieb ihm verwehrt.

Davon ungeachtet herrschte beim Bundestrainer „nach jedem Turnier eine Leere“. Selbst nach seinem größten Erfolg in Rio sei er „nicht weit weg von einer depressiven Verstimmung“ gewesen, sagte er zuletzt.

Nach dem Absturz in Russland tat sich Löw immer schwerer. Der Umbruch verlief schleppend, Löw zögerte und zauderte. Die Schmach von Sevilla in der Nations League gegen Spanien (0:6) ließen die Zweifel an seiner Person immer größer werden. Am 9. März kündigte der 61-Jährige seinen Rücktritt nach der EM trotz eines Vertrags bis zur Winter-WM 2022 in Katar an. „Ich bin mit der Entscheidung, nach dem Turnier als Bundestrainer aufzuhören, im Reinen“, betonte Löw im SID-Interview vor der EURO.

Joachim Löw wollte sich nach WM-Debakel 2018 noch einmal neu beweisen

Zeit für Wehmut blieb da nicht. Zu groß war Löws Wille, sich nach den bitteren Enttäuschungen der vergangenen drei Jahre noch einmal und es allen zu beweisen. Das gelang nicht wie gewünscht. Dennoch zieht Löw ein positives Fazit über seine Amtszeit, in der er 138 Spieler einsetzte und 113 Neulingen zum Debüt verhalf. „Wir haben viel erreicht“, ist er überzeugt.

Aus einer Elf, die vor allem über Einsatz und Kampf zu Erfolgen gekommen sei, habe er ein Team geformt, das „technisch und fußballerisch“ phasenweise weltweit „die Benchmark“ war, meinte er. Sein Erbe Hansi Flick habe „hervorragende Voraussetzungen“.

Und was wird jetzt aus Löw? Sofort in den nächsten Job will er sich nicht stürzen. „Ich muss sicher erstmal emotional Abstand gewinnen.“ Er freue sich vielmehr auf Treffen mit der Familie und Freunden, auch seinen Hausberg, den 1414 m hohen Belchen im Schwarzwald, will er „noch einmal sehen“.