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Dirk Nowitzki Dirk Nowitzki: 30.000 Punkte - Der größte deutsche Sportler aller Zeiten

Von Clemens Boisserée 08.03.2017, 13:01
Geschichte wird geschrieben: Dieser Wurf landet im Korb, Dirk Nowitzki knackt die 30.000 Punkte-Marke.
Geschichte wird geschrieben: Dieser Wurf landet im Korb, Dirk Nowitzki knackt die 30.000 Punkte-Marke. The Dallas Morning News/AP

Unbedingter Wille, pure Leidenschaft, ganz viel Durchsetzungsvermögen und noch mehr Liebe zum Basketball. Wer an diesem Abend im November 2009 zu Dirk Nowitzki vordringen will, muss ganz viel von dem mitbringen, was der Deutsche selbst seit bald 20 Jahren Abend für Abend auf dem Basketball-Feld zeigt.

Es ist kurz vor 19 Uhr im Palace of Auburn Hills, der Basketball-Arena vor den Toren Detroits. Am Abend sind die Dallas Mavericks zu Gast. Mit dabei: Eben jener Nowitzki. Der „Dunking Deutschman“. Das „German Wunderkind“. Die lebende Basketballlegende. Mehr Superlativen und Spitznamen an späterer Stelle.

An der Begrenzung zum Spielertunnel stehen rund 100 Menschen, alle mit nur einem Ziel: Dirk ganz nahe sein, vielleicht sogar ein Autogramm abstauben. Als der „lange Blonde“ dann aus dem Spielertunnel hervortritt und für etwa eine Minute bei den Fans stehen bleibt, gilt es. Aus der zweiten Reihe recke ich meinen Arm vorbei an all den anderen Händen, suche den Augenkontakt mit Dirk und drücke dem Mann mit der Rückennummer 41 mein Mavs-Trikot mit seinem Namen in die Hand. Ein kurzes Nicken, ein Stift, eine Unterschrift - viel Spaß. 

Dirk Nowitzki von Meilenstein zu Meilenstein

Spaß? Ekstase! Pure Freunde! Das Shirt samt kaum erkennbarem Autogramm hängt bis heute eingerahmt in meiner Wohnung. Und Nowitzki spielt immer noch. Ach quatsch, der Power Forward „spielt“ nicht nur immer noch, er ist auch immer noch ein Anführer in der besten Basketball-Liga der Welt. Trifft Würfe, holt Rebounds, gewinnt Spiele, erreicht Meilenstein um Meilenstein.

In der Nacht zum 8. März 2017 erzielt der Würzburger als erst sechster Spieler in der Geschichte des Basketballs seinen 30.000. NBA-Punkt. Nebenbei führt er die Mavs mit 25 Punkten und elf Rebounds zum Sieg über die Los Angeles Lakers.

Es ist im 1377. NBA-Saisonspiel der 870. Sieg für Nowitzki – was einer Gewinnquote von 63,2 Prozent entspricht. Um diesen Wert einschätzen zu können, muss man wissen, dass die Mavericks in den 18 Jahren vor Nowitzki kaum mehr als 40 Prozent ihrer Spiele gewannen. Die Texaner waren ein Verliererteam. Dann kam Dirk.

Mit Dirk Nowitzki kam der Erfolg nach Dallas

Mit Ausnahme der Premierensaison und der verkorksten 2012-2013er-Spielzeit erreichte Dallas in jedem Dirk-Jahr die Playoffs. Zeitweise dominierten die Südstaatler die Liga, 2007 gewann Dallas 67 von 82 Saisonspiele, Nowitzki wurde zum „wertvollsten Spieler der Liga“ gewählt. Schon im Jahr zuvor hatte der 2,13 Meter-Mann seine Franchise erstmals in die Finalserie geführt, ehe er sich und die Mavs 2011 schließlich zur NBA-Meisterschaft warf. 

Bei der Auflistung all dieser Erfolge laufen Bilder vor meinem inneren Auge ab: Von meinem ersten US-Besuch samt Nowitzki-Spiel. Von nervigen Werbepausen während der Spiele nachts um 4 Uhr, die im deutschen TV durch ein Standbild samt einschläfernder Musik überbrückt wurden. Von epischen Duellen mit Kobe Bryant, Tim Duncan oder LeBron James. Von Tränen nach der verlorenen Finalserie gegen Miami 2006. Von Tränen nach der gewonnen Finalserie gegen Miami fünf Jahre später. Von wütenden Diskussionen nach dem folgenden Aderlass im Mavs-Kader. Von der Gänsehaut in der vergangenen Nacht, als 20.000 Fans in der Arena Nowitzkis 30.000 Punkt feierten.

Dirk Nowitzkis großer Olympia-Traum mit der Nationalmannschaft

Der 38-Jährige und seine Liebe zum Basketball prägen seit nunmehr fast zwei Jahrzehnten meine Leidenschaft für den Sport mit dem orangefarbigen Leder. Ohne Nowitzki wäre im Freundeskreis wohl nie wirklich über Basketball diskutiert worden. Manch durchgemachte Nacht wäre frühzeitig im Land der Träume geendet. Auf der Spielekonsole würde nur FIFA statt NBA2K gedaddelt. Statt Basketball-Training hätte mich der Freizeit-Sport wohl auf den Fußballplatz geführt. Und wer weiß, ob wir uns heute über zwei weitere deutsche Spieler in der NBA freuen dürften, wenn Nowitzki mit seinen Leistungen für die Nationalmannschaft nicht einen kleinen Basketball-Boom ausgelöst hätte.

Apropos Nationalmannschaft. Wer an Dirk denkt, der muss zwangsläufig an den Sommer 2008 zurückdenken. Sportler durch und durch wie er ist, hatte Nowitzki stets die Olympischen Spiele als seinen größten Traum bezeichnet. Als dieser Traum schließlich durch einen Sieg im Qualifikationsturnier gegen Puerto Rico Wirklichkeit wurde, vergrub Nowitzki sein Gesicht in einem weißen Handtuch - doch ganz Basketball-Deutschland sah die fließenden Tränen des 110 Kilo-Hünen. Dass „Dirkules“ später das deutsche Olympiateam in Peking anführen und mit Fahne einlaufen durfte, zählte zu den ganz besonderen Momenten dieser umstrittenen Spiele.

Die Besonderheit Dirk Nowitzkis im NBA-Geschäft

Bodenständigkeit ist etwas, was in der glamourösen Welt des NBA-Basketballs schnell verloren geht. Nationalmannschaftskollege Dennis Schröder von den Atlanta Hawks protzt gerne vor seinen vergoldeten Sportwagen. Andere Profis kauften sich Privat-Jets oder verzockten ihr gesamtes Vermögen in Rekordzeit und leben nach ihrem Karriereende in Armut. 

Nowitzki selbst verdiente in den vergangenen 19 Jahren in der NBA rund 220 Millionen Dollar – nicht einrechnet sind Sponsoring-Einnahmen. Er hat die wichtigsten Auszeichnungen und Titel gewonnen, welche Liga zu vergeben hat. Er hat Rekorde aufgestellt, mit seiner einbeinigen Wurftechnik die Position des Power Forwards revolutioniert und er wird in die „Hall of Fame“ aufgenommen werden. Und doch ist Dirks wohl größter Erfolg, noch immer der ruhige, sympathische Bursche aus Franken geblieben zu sein.

Nach seinem Karriereende wird das Trikot mit der Rückennummer 41 am Hallendach der Mavericks-Halle hängen – und auch weiterhin an meiner Wohnzimmerwand.