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Hannes S. #KämpfeHannes: HFC-Ultras trafen auf Ultra des 1.FC Magdeburg - ohne Polizei und Fanprojekt

Von Clemens Boisserée 06.10.2016, 17:22
Der Bahnhof von Haldensleben.
Der Bahnhof von Haldensleben. Matthias Strauß

Halle (Saale) - Im Fall des schwer verletzten Hannes S., Fan des 1. FC Magdeburg, tauchen immer neue Fragen auf. Bekannt ist, dass das spätere Opfer am Samstag um kurz vor Mitternacht in einer Regionalbahn bei Haldensleben von einer großen Fangruppe des Halleschen FC bedroht wurde. Daraufhin soll er die Zugtüren geöffnet haben und aus bislang nicht ermittelter Ursache aus der fahrenden Bahn gefallen sein.

Durch den Aufprall zog sich der 25-Jährige lebensgefährliche Kopfverletzung zu. Noch immer kämpft er im Magdeburger Klinikum um sein Leben.

Wieso es soweit überhaupt kommen konnte, ist weiterhin fragwürdig. Nach Polizeiangaben wurde die besagte Gruppe HFC-Fans schon im niedersächsischen Gifhorn auffällig. Mitglieder der Fangruppe Saalefront sollen dort in einer Regionalbahn einen Zuggast angegriffen haben. Der Zug wurde daraufhin für 15 Minuten gestoppt und die Personalien der betroffenen Hallenser aufgenommen.

Ermittlungen schon in Gifhorn

Zuvor habe der Mitfahrer die Gruppe provoziert, berichtet ein Zeuge, der selbst von der Polizei befragt wurde, hier aber anonym bleiben möchte, der MZ. Andere Fahrgäste hätten das bei Befragungen gegenüber den eingesetzten Beamten der Landespolizei bestätigt. Die mittlerweile ermittelnde Bundespolizei in Braunschweig konnte zu dem Vorfall zunächst keine weiteren Angaben machen. Die dafür notwendigen Akten der Kollegen seien noch auf dem Weg. 

Die HFC-Fangruppe konnte auch anschließend ohne Polizeibegleitung weiterfahren. Am Bahnhof der Kleinstadt Gifhorn seien lediglich elf Beamte im Einsatz gewesen - zu wenige für weitere Maßnahmen, begründete ein Sprecher der Bundespolizei. Auch das Fanprojekt Halle, das die Fahrten der Ultras ansonsten mit Sozialpädagogen begleitet, war an diesem Samstag nicht dabei - auch hier fehlte Personal.

Rätsel um die Zugtüren

In Wolfsburg erreichte die Gruppe schließlich die Regionalbahn 16431 in Richtung Magdeburg. Wie Hannes F. hier eine knappe halbe Stunde später während der Fahrt die Tür des modernen Siemens-Triebwagens öffnen konnte, ist weiterhin ein Rätsel. Denn Hersteller und Bahn verweisen jeweils darauf, dass sich die Zugtür während der Fahrt nicht öffnen lässt oder andernfalls die Bahn sofort automatisch gestoppt würde.

Wie Videoaufzeichnungen und Zeugen der Polizei bestätigten, öffnete der 25-Jährige die Tür mit Hilfe eines Notsystems - der Zug aber hielt nicht an. "Wir haben die Deutsche Bahn in unsere Ermittlungen einbezogen", sagte ein Polizeisprecher in Magdeburg, ohne weitere Details zu nennen. Möglich wären in diesem Zusammenhang unter anderem eine Vorort-Besichtigung oder der Einsatz eines Gutachters. 

Wieso nach dem Sturzt niemand aus der HFC-Gruppe oder keiner von Hannes' drei Begleitern die Rettungskräfte verständigte, ist eine weitere der vielen ungeklärten Fragen.

HFC-Fans werden am Hauptbahnhof abgeholt

Um kurz nach halb eins in der Nacht endete die Zufahrt der HFC-Fangruppe schließlich am Magdeburger Hauptbahnhof. Statt hier nun vier Stunden auf den nächsten Anschluss nach Halle zu warten, seien die Fans durch Freunde und Bekannte per Pkw abgeholt worden. Auch das berichtete der Zeuge.

Laut einem Polizeisprecher reagierten die Fans zuvor jedoch nicht auf Fragen der am Bahnhof bereitstehenden Polizisten, die jedoch nicht weiter eingriffen. Schließlich wusste von den Beamten zu diesem Zeitpunkt noch niemand etwas von jenem Vorfall, der sich 45 Minuten zuvor rund 30 Kilometer weiter nördlich ereignet hatte.