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Mahnwache in Magdeburg Hannes S.: Hunderte Fans des 1.FC Magdeburg trauern und gedenken verstorbenem Fan

12.10.2016, 21:54

Magdeburg - Am Abend haben sich am Haldenslebener Bahnhof und vor den Toren der Magdeburger MDCC-Arena mehrere hundert Fans des 1.FC Magdeburg versammelt, um dem verstorbenen Hannes S. zu gedenken. Sie stellten Kerzen auf, legten Blumen und Fanschals nieder oder hingen Fotos des Verstorbenen auf. Über die sozialen Netzwerke hatten FCM-Fans zu den Versammlungen aufgerufen.

Der 25-Jährige erlag am Mittwoch im Magdeburger Klinikum seinen schweren Kopfverletzungen. Diese hatte er sich in der Nacht zum 2. Oktober zugezogen. Damals traf Hannes S. in einer Regionalbahn auf eine große Fangruppe des FCM-Rivalen Hallescher FC. Durch die HFC-Fans bedroht, öffnete er per Notsystem eine Tür des fahrenden Zugs und stürzte. Erst eine Stunde später fand ihn eine Gruppe junger Männer in den Bahngleisen und alarmierte den Rettungsdienst.

Hannes S., ein Mitglied der FCM-Fanszene 

Der Barlebener war als Mitglied der Magdeburger Fanszene bekannt, am Abend des Vorfalls soll er ein T-Shirt der FCM-Fangruppe "Block U" getragen haben. Vereinsübergreifend wird der Vorfall als Grenzüberschreitung und Tiefpunkt einer Reihe von Auseinandersetzungen zwischen beiden Fanlagern gesehen.

Die FCM-Ultras verkündeten am Abend: "An Fußball und alles, was das Fanleben ausmacht, ist momentan absolut nicht zu denken. Deshalb sehen wir uns bis auf weiteres nicht in der Lage, die Mannschaft wie gewohnt zu unterstützen. Trotz aller Rivalität und der aufgewühlten Gefühlslage rufen wir zur Besonnenheit aller Clubfans auf, um jegliche Verschärfung der aktuellen Situation zu verhindern!"

Schädlich hofft auf Wendepunkt

Zwei Fans starben zuvor bei Fan-Auseinandersetzungen in Deutschland: 1982 der Werder Bremen-Fan Adrian Maleika, 1988 Frank Bayer, ein Anhänger des 1. FC Saarbrücken.

Bei Fußball-Veranstaltungen in Sachsen Anhalt wurden in den letzten Jahren folgende Gewalttaten durch die Polizei registriert:

2014: 80 Rohheitsdelikte, 65 Körperverletzungen, sieben Landfriedensbrüche
2015: 111 Rohheitsdelikte, 88 Körperverletzungen, 14 Landfriedensbrüche
2016 (bisher): 79 Rohheitsdelikte, 52 Körperverletzungen, zwölf Landfriedensbrüche.

Auch aus Halle kamen Reaktionen des Mitgefühls und der Trauer. HFC-Präsident Michael Schädlich sagte der MZ: „Mir bleiben nicht so schnell die Worte weg, aber als ich die Nachricht hörte, musste ich mich erst einmal sammeln. Da läuft es einem kalt den Rücken runter - und der Tod des Fans drückt auf den Magen. Das nimmt mich emotional mit.  Es ist schrecklich. Jetzt wurde eine Schwelle erreicht,  die nicht vorstellbar war. Wer jetzt nicht begreift, wohin Hass führen kann, dem ist nicht mehr zu helfen." 

Schädlich verband den tragischen Tiefpunkt in der Rivalität zwischen beiden Vereinen jedoch auch mit einer Hoffnung: "Der Tod von Hannes S. muss jetzt zu einem Wendepunkt bei der ganzen Fan-Rivalität und der Gewalt führen. Das würde seinem Andenken gerecht werden. Ich denke voller Mitgefühl an seine Freunde und seine Familie und die aufrichtigen FCM-Fans. Wir überlegen beim HFC, am Wochenende beim Spiel gegen Zwickau eine Gedenkminute abzuhalten - der DFB muss da zustimmen. “

Sicherheit beim Derby wird erhöht

Trotz aller Aufrufe zur Deeskalation, wappnet sich die Polizei in Sachsen-Anhalt für eine verschärfte Sicherheitslage vor dem anstehenden Drittliga-Spiel in Magdeburg zwischen dem FCM und dem HFC im November.

„Wir sehen die Gefahr, dass es einige Magdeburger Fans geben könnte, die sagen: Auge um Auge, Zahn um Zahn“, so Frank Küssner, Sprecher der Polizeidirektion Nord. Dass es in den Fanlagern gäre, registriere die Polizei seit Wochen – dafür spreche auch die Agitation im Internet.  „Ohnehin wäre die Partie im November ein Sicherheitsspiel – das gilt nun erst recht“, sagte Küssner. Es sei davon auszugehen, dass die reguläre Polizeieinsatzstärke – in der Regel knapp tausend Mann – an diesem Tag erhöht werde. Auch mit der Bundespolizei, die für die Sicherheit auf Bahnstrecken zuständig ist, werde es enge Absprachen geben.

Doch bereits vor dem Derby wird Sachsen-Anhalts Polizei möglicherweise gefordert. Im Vorfeld des eigentlich wenig brisanten Landespokalspiels des FCM bei Merseburg 99 am 12. November prüft die Polizei nach MZ-Informationen derzeit, ob die Sicherheitsvorkehrungen verstärkt werden müssen. Statt dem Revier könnte die übergeordnete Polizeidirektion Halle die Einsatzführung übernehmen – wie auch bei Sicherheitsspielen. Von Seiten der Polizei heißt es dazu, „die Gespräche mit dem Veranstalter laufen.“ Doch für eine abschließende Entscheidung sei es derzeit zu früh. Eine Rolle für den Einsatz wird auch spielen, ob und wo der Hallesche FC an dem Wochenende zum Pokalspiel antritt.. (cbo/mz)