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Stellungnahme Eintracht-Fans kritisieren Ultras nach Ausschreitungen im DFB-Pokalspiel in Magdeburg

24.08.2016, 10:44

Magdeburg/Frankfurt - Einst galt die SG Eintracht Frankfurt als die Stimmunghochburg im deutschen Fußball. Die Nordwest-Kurve im eigenen Stadion war berühmt berüchtigt. Die Stimmgewalt in den Auswärtsblöcken brachte heimische Fans zum schweigen.

Schon in diesen Zeiten waren die Frankfurter selten ein Kind von Traurigkeit, doch spätestens beim Gastspiel im DFB-Pokal in Magdeburg wurde klar: Mit Stimmung ist es in Frankfurt nicht mehr weit her. Die FCM-Fans sangen den Gast 120 Minuten lang an die Wand, während die Konzentration der Eintracht-Ultras auf anderen Dingen lag. 

Genau das kritisieren nun auch die eigenen Fans in Form der offiziellen Fanabteilung von Eintracht Frankfurt.

"Ein absoluter Tiefpunkt"

"Es gab einmal eine Zeit, da war der geschlossene Zusammenhalt das charakteristische Merkmal der Frankfurter Fanszene", hieß es in einer Stellungnahme. "Die Ereignisse von Magdeburg stellen nun aber einen absoluten Tiefpunkt dar, einen endgültigen Bruch mit allem, was bisher Konsens war."

Deutlich kann eine Einschätzung aus dem eigenen Lager kaum klingen. Dazu muss man wissen: Die Fanabteilung in Frankfurt ist eine der ältesten und etabliertesten Fanorganisationen im deutschen Fußball. Seit dem Jahr 2000 setzt sie sich für die Interessen der Frankfurter Fans innerhalb und außerhalb des Vereins ein. Gut 20.000 Mitglieder der Eintracht gehören ihr an. 

Die Vorfälle von Magdeburg, als kurz nach dem Anpfiff zur zweiten Halbzeit aus dem Gästeblock gezielt und aus nächster Nähe Leuchtrakten auf die Gegengerade der MDCC-Arena gefeuerte wurden, lösen nun empörte Reaktionen aus. "Was in Magdeburg geschehen ist, war einfach nur noch kriminell, nicht entschuldbar, nicht tolerierbar, und mit allem, was wir und die gesamte Frankfurter Fanszene seit Jahren unter schützenswerter Fankultur verstehen, nicht im Geringsten vereinbar", schreibt der Abteilungsvorstand um den Vorsitzenden Stefan Ungänz am Dienstag. Bitter nur, dass sich die Magdeburger Fans durch die Aktion provozieren ließen, ebenfalls kurzzeitig über die Stränge schlugen und zu knapp 100 Mann den Innenraum betraten.

"Mehr als 90 Prozent der Fans sind absolut positiv"

Dennoch: Das Hauptverschulden in diesem Fall lag auf Frankfurter Seite. Da half es auch nicht, dass Eintracht-Spieler Bastian Oczipka am Montagabend noch zu beruhigen versuchte: "Man sollte nicht alle über einen Kamm scheren“, sagte Verteidiger in der HR-Sendung „Heimspiel“. „Es waren Tausende dabei, die uns am Sonntag in Magdeburg unterstützt haben. Klar waren da auch einige Chaoten darunter, die Feuerwerkskörper gezündet haben. Aber das ist nur ein ganz geringer Prozentsatz. Mehr als 90 Prozent der Fans sind absolut positiv.“

Doch auch wenn die kriminellen Aktionen aus dem Gästeblock nur von wenigen aktiv ausgeführt wurden, so wurden sie doch von einer größeren Masse als nur den von Oczipka genannten zehn Prozent billigend in Kauf genommen. Denn schon vor dem Spiel war klar, dass die Ultras Frankfurt das Prestige-Duell mit der ebenfalls für ihre enorme Lautstarke bekannte Magdeburger Fankurve nutzen wollen würden.

"Alle in Schwarz" lautete der Aufruf und so stürmte am Sonntagabend - vorausgegangen war ein lauter Böllerschlag - eine große schwarze Maske mit einheitlicher Gesichtsbemalung den Gästeblock. Wer die Szene aufmerksam genug beobachtet, dem dürfte schon da klar gewesen sein, dass dies als Tarnung für all jene herhalten sollte, die später Verbotenes tun wollte. Für die Polizei dürfte es eine Herkulesaufgabe werden, die Schuldigen der Leuchtspur-Schüsse ausfindig zu machen, sah doch jedes Gesicht im Kern des Gästeblocks nahezu identisch aus.

Drastische Strafen drohen der SG Eintracht Frankfurt

Und so müssen sich die Hessen - ob Fan, Spieler oder Offizieller - nun wieder einmal Sorgen machen, um die drohenden Strafen. Der DFB-Kontrollausschluss nahm am Montag die Ermittlungen auf. Die Eintracht ist ein Wiederholungstäter, erst in der vergangenen Saison musste beim Bundesliga-Spiel gegen den VfB Stuttgart die Heimkurve geschlossen bleiben. Dass es durch die Aktion nach aktuellen Erkenntnissen keine Verletzen gab, ist dabei nur eine wichtige und glückliche Randnotiz, wie auch die Fanabteilung der SGE feststellt: "Es hätte zu schwersten Verletzungen oder Schlimmerem kommen können – und es wird zu schweren Strafen kommen, die Eintracht Frankfurt und die gesamte Fanszene werden ausbaden müssen." 

Besagte Fanszene ist es auch, an die der Abteilungsvorstand mit seinem Schreiben noch einmal ausdrücklich appelliert: "Es ist offenbar wieder an der Zeit, dass sich noch einmal die gesamte Fanszene zu Wort meldet, klarmacht, dass ein solches Verhalten wie in Magdeburg nicht toleriert, nicht schweigend und erst recht nicht mit einem auch noch so kleinen Rest an Verständnis hingenommen werden kann." 

Vielleicht wäre das ein Anfang, um den einstiegen Ruf der Frankfurter wiederherzustellen: Als stimmgewaltiger Chor, nicht nur als kriminelle Selbstdarsteller.