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Extra Extra: «Serienkiller aus den Ardennen» ein neuer Dutroux?

Von Christian Böhmer 01.07.2004, 14:00

Brüssel/dpa. - Ist der in Belgien lebende Franzose MichelFourniret, der seinem Geständnis zufolge sechs Mädchen vergewaltigtund umgebracht hat, ein neuer Dutroux? Das fragen sich viele Menschennach Bekanntwerden der grausigen Taten des «Serienkillers aus denArdennen», wie er in inzwischen in den Medien genannt wird. Eineklare Antwort auf die Frage gibt es jedoch bisher nicht.

Zwar gibt es Parallelen wie die Ehefrauen, die in beiden Fällenals erste über die Taten Auskunft gaben. Doch eklatante Unterschiedezur Dutroux-Affäre sind auch nicht zu übersehen. So hatte derdreifache Mörder Marc Dutroux eine Bande um sich, während FörsterFourniret nach bisherigen Erkenntnissen weit gehend allein agierte.«Ich gehe auf die Jagd», sagte er üblicherweise, als er seine Opferaufspürte. Der Kinderschänder Dutroux trieb nur in Belgien seinUnwesen. Der 62 Jahre alte Fourniret entführte hingegen Mädchen inFrankreich und in Belgien.

Angesichts einer möglichen Zahl von insgesamt zehn Opfern seit1989 könnte der Fall Fourniret noch größere Ausmaße annehmen als derDutrouxs. Fourniret gab am Donnerstag bereits einen siebten Mord - indiesem Fall an einer Erwachsenen - zu. Doch Experten raten zurVorsicht. Zu den sechs Mädchenmorden, die der kleine, hagere Mann mitder silbernen Brille eingestanden hat, fehlen bisher wichtige Beweisewie die Leichen.

Die Informationen zu den Verbrechen beruhen bisher größtenteilsauf Aussagen von Fournirets Ehefrau Monique Olivier und von Fourniretselbst. Grabungen am früheren Anwesen von Fourniret imnordostfranzösischen Donchery in der Nähe Sedans sollen baldAufschluss geben, ob die Geständnisse tatsächlich stimmen.

Die harten Urteile im Dutroux-Prozess Mitte Juni waren von vielenMenschen mit Genugtuung aufgenommen worden. Die 56 Jahre alte MoniqueOlivier reagierte hingegen mit einem Gefühl der Panik. «Als sie vonder schweren Strafe des Schwurgerichts von Arlon für Michelle Martin,der Ex-Frau von Marc Dutroux, erfuhr, beschloss sie auszusagen, umsich ein bisschen besser aus der Affäre zu ziehen», berichtet dieLütticher Staatsanwältin Anne Thily. Martin hatte in Arlon 30 JahreHaft erhalten. Schon jetzt sind sich die Staatsanwälte sicher, dassFournirets Ehefrau wusste, was ihr Mann tat.

Der Fall Fourniret hat eine «europäische Dimension», denn er zeigtSchwachstellen der EU-Zusammenarbeit in der Justiz auf. DieStrafjustiz ist eine nationale Angelegenheit geblieben. Informationenüber Straftäter werden nur auf Anfrage zwischen den Staatenausgetauscht. So konnte es geschehen, dass Fourniret, der in seinerHeimat Frankreich ein langes, einschlägiges Vorstrafenregister hat,sich in Belgien niederließ und dort - amtlich bestätigt - alsunbescholtener Mann lebte. Er arbeitete in dem Örtchen Sart-Custinneals Hilfskraft in einer Schule.

Fourniret machte vor Grenzen keinen Halt. Das widersprichtVorurteilen, wonach das kleine Belgien ein ideales Terrain fürKriminelle à la Dutroux ist, weil Polizei und Justiz nicht richtigfunktionieren. Angesichts mehrerer ungeklärter Morde und vermissterPersonen interessiert sich inzwischen auch die niederländischePolizei für den Fall Fourniret.