Zugunglück in Spanien Zugunglück in Spanien: "Das ist für uns nicht vorstellbar"

Berlin/rtr - Nach der Zug-Katastrophe in Spanien steht die Frage im Mittelpunkt, warum der Hochgeschwindigkeitszug ungebremst in eine enge Kurve raste. Nach Medienberichten fuhr er mit Tempo 190 statt der erlaubten 80 Kilometer pro Stunde, bevor er entgleiste. Mindestens 78 Menschen starben.
Die Deutsche Bahn hält ein solches Unfallszenario auf ihren Strecken für ausgeschlossen. „Das ist für uns nicht vorstellbar“, sagte Infrastruktur-Vorstand Volker Kefer. Die DB setzt auf automatische Geschwindigkeitsbegrenzung. Praktisch das komplette 33.600-Kilometer-Netz wird dabei der Bahn zufolge von zwei Systemen kontrolliert:
Punktförmige Zugbeeinflussung (PZB)
Die Punktförmige Zugbeeinflussung (PZB) wird für Fahrten bis Tempo 160 eingesetzt, also für alle, bis auf den Hochgeschwindigkeitsverkehr. Der Lokführer bekommt für seine Fahrt Anweisungen zu den Geschwindigkeiten, mit denen er auf den jeweiligen Abschnitten unterwegs sein darf. An den Gleisen sind in bestimmten Entfernungen magnetische Sensoren angebracht, die das Tempo des Zuges messen. Ist er mehr als fünf Kilometer pro Stunde zu schnell, erhält der Lokführer ein Warnsignal. Reagiert er darauf nicht, wird der Zug automatisch abgebremst. Überfährt der Zug ein Haltesignal, greift ebenfalls das System ein und stoppt den Zug noch vor dem Hauptsignal. Nach Angaben der Bahn hat der Lokführer keine Möglichkeit, das automatische System auszuschalten.
Linien-Zugbeeinflussung (LZB)
Bei Geschwindigkeit über 160 Stundenkilometern, also etwa bei ICE-Fahrten, kommt die Linien-Zugbeeinflussung (LZB) zum Einsatz. Sie ist an einem Kabel in der Mitte des Gleises zu erkennen. Hierbei wird das Geschwindigkeitsprofil der Strecke in eine Computersystem eingegeben. Damit wird der Zug permanent geführt, das System vergleicht also ständig die vorgegebene Geschwindigkeit mit der gefahrenen. Ist er an einer Stelle zu schnell, wird er wieder automatisch gebremst. Sollte das System einmal ausfallen, greift die PZB als Rückfall-Option.
Sicherheitsfahrschaltung (SIFA)
Die Sicherheitsfahrschaltung Sifa, auch Totmann-Schaltung genannt, ergänzt die Zug-Beeinflussungssysteme. Die Sifa bremst den Zug, wenn der Lokführer nicht mindestens alle 30 Sekunden ein Pedal oder eine Taste drückt. Passiert dies nicht, wird der Lokführer zunächst optisch oder akustisch gewarnt. Fällt eine Reaktion aus, wird der Zug automatisch gebremst. Mit dem System soll überwacht werden, ob der Lokführer präsent und handlungsfähig ist.
European Train Control System (ETCS)
Das European Train Control System (ETCS) soll auf wichtigen europäischen Verbindungen eingeführt werden. Es funktioniert ähnlich wie die LZB, soll aber die Systeme in den europäischen Ländern vereinheitlichen. Die unterschiedlichen Systeme sind ein Grund, warum Bahnverkehr über Grenzen hinweg in Europa schwierig ist. ETCS soll in Deutschland nach mehrjähriger Erprobung erstmals ab Ende 2014 auf der ICE-Strecke Erfurt-Halle-Leipzig eingesetzt werden.
Eschede war größter Unfall in Deutschland
Die größte Zug-Katastrophe in der Geschichte der Bundesrepublik 1998 wurde nicht durch zu hohe Geschwindigkeit ausgelöst. Ursache für den Unfall mit 101 Toten war ein gebrochener Radreifen, der den ICE 884 „Wilhelm Conrad Röntgen“ am 3. Juni 1998 auf der Bahnstrecke Hannover–Hamburg am Streckenkilometer 61 in Eschede (Niedersachsen) entgleisen ließ.
