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Wissenschaft Wissenschaft: Vor einem Jahr wurde angeblich Eve geboren

Von Gisela Ostwald 19.12.2003, 07:06
Will im Wettlauf um das erste geklonte Menschenbaby siegen: Brigitte Boisselier (r.) mit ihren Kollegen Severino Antinori (l.) und Panos Zavos (Foto: dpa)
Will im Wettlauf um das erste geklonte Menschenbaby siegen: Brigitte Boisselier (r.) mit ihren Kollegen Severino Antinori (l.) und Panos Zavos (Foto: dpa) dpa

New York/dpa. - Ein Jahr ist es her, dass der Welt angeblich das erste Klonkind geboren wurde. Eve sollte am zweiten Weihnachtsfeiertag zur Welt gekommen sein - in Israel, dem «Gelobten Land». Doch für das Mädchen, das angeblich aus einer menschlichen Hautzelle seiner Mutter geklont wurde, gibt es heute noch keinen Beleg. Die französische Chemikerin und so genannte Bischöfin der Ufo- gläubigen Raelianersekte, Brigitte Boisselier, ist jeden Nachweis schuldig geblieben. Um Boisselier, die Eve in ihrem Labor geschaffen haben will, ist es still geworden.

   Dabei hatte die Forscherin mit ihrer «frohen Kunde» vom geklonten «Christkind» im letzten Dezember einen weltweiten Aufschrei erzeugt. Frankreichs Präsident Jacques Chirac empörte sich über kriminelle Machenschaften und verlangte ein Verbot allen menschlichen Klonens zur Fortpflanzung. Die Angst vor den möglicherweise apokalyptischen Folgen verschärfte sich noch, als Boisselier weitere Klonbabys für Anfang 2003 in Europa und Asien ankündigte und der italienische Mediziner Severino Antinori verbal nachzog.

   Doch über die von Antinori verkündeten angeblichen Klonbabys wurde Näheres nie bekannt. Und Boisselier nahm von ihrem Versprechen, Eve durch ein unabhängiges Forscherteam als Klon ihrer Mutter bestätigen zu lassen, bald wieder Abstand. Als ein US-Anwalt in Florida vor Gericht ging und Eves Eltern unter Verweis auf die gesundheitlichen Risiken des Klonen pro forma wegen Kindesgefährdung anzeigte, brach Boisselier nach eigenen Angaben jeglichen Kontakt zu der Familie ab. Sie behauptet, inzwischen keine Informationen über deren Verbleib mehr zu haben und deshalb auch den genetischen Beweis nicht erbringen zu können. Das israelische Innenministerium ging der Sache nach und erklärte das angeblich geklonte Kind für «unauffindbar».

   Genauso mysteriös war die Existenz von Boisseliers angeblich anderen Klonbabys. Eins schenkte sie eigenen Berichten nach einem lesbischen Paar in Europa. Ein anderes habe sie aus einer Zelle eines kleinen Japaners geklont, der zweijährig gestorben sei. Doch auch für diese Kinder erbrachte sie nie einen Beweis ihrer Existenz oder Identität.

   Derweil verglich der Gründer und Führer der Raelianersekte in Kanada, der ehemalige Schlagersänger und Rennfahrer Claude Vorilhon, die Ankunft des «weltweit ersten Klonbabys» mit der Geburt Christi. Natürlich wäre es ihm lieber gewesen, wenn Eve schon am Heiligen Abend das Licht der Welt erblickt hätte. «Aus technischen Gründen gelang dies aber erst einen Tag zu spät», räumte er in Interviews unter anderem der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» ein.

   Es sei höchste Zeit, «Gott durch die Wissenschaft zu ersetzen», forderte der Sektenführer und warnte all jenen, die das Klonen aus religiösen Gründen ablehnten, mit einer Rückkehr ins «dunkle Zeitalter». Er habe Boisselier bei der Gründung der Firma Clonaid - im Spielerparadies Las Vegas - geholfen und arbeite jetzt an einem Computerprogramm für virtuellen Sex, um der Menschheit den Weg in das Zeitalter der Wissenschaft zu ermöglichen, erklärte Vorilhon oder «Rael», wie er sich heute nennt.

   Um Leuten wie ihm, Boisselier und Antinori künftig einen Riegel vorschieben zu können, will die internationale Gemeinschaft ein globales Klonverbot verhängen. Doch wie so häufig bei den Vereinten Nationen ist die Frage über das «Wie» heftig umstritten. Einige Länder unter der Führung von Costa Rica und den USA verlangen ein umfassendes Klonverbot, das auch das so genannte therapeutische Klonen von embryonalen Stammzellen mit einschließen würde. Zu dieser Haltung tendiert auch Deutschland.

   Dagegen glauben andere Länder, darunter Großbritannien, China oder auch Singapur, mit Hilfe der Stammzellen einmal Ersatzorgane und - gelenke für kranke Menschen erzeugen zu können - und wehren sich gegen den Ausschluss des therapeutischen Klonen. Der Graben zieht sich genau durch die Mitte der Weltgemeinschaft: bei einem Votum in dem für Rechtsfragen zuständigen Sechsten Komitee der UN- Vollversammlung lag die Differenz kürzlich bei nur einer Stimme. Sie entschied, dass die Klondebatte vertagt wird.

Für ein einziges Klon-Baby (Grafik: dpa)
Für ein einziges Klon-Baby (Grafik: dpa)
dpa
Der Weg zum ersten Klon-Baby (Grafik: dpa)
Der Weg zum ersten Klon-Baby (Grafik: dpa)
dpa