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Wissenschaft Wissenschaft: Vermessung der Wälder

Von Grit König 16.03.2011, 15:32
Christiane Schmullius, Professorin am Institut für Geographie, sitzt zwischen Monitoren, die ein Satellitenbild eines Waldgebietes (l.) und das Logo der Universität zeigen. (FOTO: DAPD)
Christiane Schmullius, Professorin am Institut für Geographie, sitzt zwischen Monitoren, die ein Satellitenbild eines Waldgebietes (l.) und das Logo der Universität zeigen. (FOTO: DAPD) dapd

Jena/dapd. - Im Gegensatz zu ihrem Forscherkollegen, der für seinVorhaben einst selbst bis ans Ende der Welt reiste, kann sie jedochauf Radaraufnahmen und mathematische Formeln zurückgreifen.

In eineinhalb Jahren sollen die Waldvorkommen der nördlichenHemisphäre vermessen und kartiert sein. Die Karte sei der ersteSchritt zu einer weltweiten Waldkarte, sagt Schmullius. Für dieKlimaforschung würden diese Daten dringend gebraucht. «Doch der Wegdahin ist schwierig», erklärt die Inhaberin des Lehrstuhls fürFernerkundung an der Friedrich-Schiller-Universität Jena.

Bislang gibt es über die Waldbestände der Erde nur Schätzungen.Demnach umspannt ein dichter grüner Gürtel von fast 1,4 MilliardenHektar Nadelwald die Nordhalbkugel der Erde. Diese Nadelwälder inden kalten bis gemäßigten Klimazonen sind der größtezusammenhängende Waldkomplex der Erde. 150 Millionen Hektar vonihnen liegen aber zurzeit nach Schätzungen von Experten durch Feuer,Stürme und Abholzung kahl.

Schätzungen über Waldflächen könnten nach unten korrigiertwerden

Die Wissenschaftler vermuten jedoch, dass die Schätzungen überdie Waldflächen nach der Vermessung keinen Bestand mehr haben. Alsvor zehn Jahren die erste Waldkarte für Schweden, Kanada undSibirien vorlag, mussten die Angaben stark nach unten korrigiertwerden. Im Schnitt seien 15 Prozent weniger Wald registriert wordenals ursprünglich angenommen, erinnert sich Schmullius.

Bei der Vermessung der Wälder nutzen die Jenaer Wissenschaftler,die mit Schweizer Radarexperten und Biogeochemikern des JenaerMax-Planck-Instituts zusammenarbeiten, Bilddaten des SatellitenEnvisat, der seit 2002 die Erde umkreist. «Da der Satellit selbstRadarwellen zur Erde schickt und die reflektierte Strahlung misst,liefert diese Methode auch bei Dunkelheit und sogar bei dichterBewölkung exakte Bilder von der Erdoberfläche in einer Auflösung vonbis zu 30 Metern», sagt der wissenschaftliche Mitarbeiter amInstitut für Fernerkundung, Carsten Pathe.

Satellit liefert hochauflösende Bilder der Wälder

Pro Monat erhalten die Geografen sechs bis acht Aufnahmen voneiner Stelle. Diese Bilder werden dann nach einem seit Jahrengetesteten Algorithmus ausgewertet. «Damit wird die Biomasse desWaldes weit über das bisher bekannte Maß hinaus kartiert», betontSchmullius. So könnten Veränderungen im globalen Klima und derenAuswirkungen möglichst genau prognostiziert werden.

Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der VereintenNationen (FAO) gibt alle fünf Jahre eine Einschätzung zu denweltweiten Waldressourcen heraus. «Danach gehen die absolutenEinschlagszahlen zurück», sagt Schmullius. China forste riesigeFlächen auf und auch Russland setze jetzt verstärkt auf dieRenaturierung. Der Wald als Speicher für das klimaschädlicheKohlendioxid sei eine wichtige Rechengröße geworden für dieBemühungen der Länder, ihre Klimabilanz entsprechend desKyoto-Protokolls zu verbessern.

Die Jenaer Wissenschaftler seien für die Waldkarte offiziell vonder FAO angefragt worden, sagt Schmullius. «Zurzeit ist viel Druckdahinter, das Projekt zu verwirklichen». Bislang sei das Vorhabenaber daran gescheitert, dass die japanische Weltraumbehörde wichtigeBilddaten ihrer Satelliten nicht zur Verfügung stellte. Sie sei aberoptimistisch, ihr Ziel dennoch zu erreichen. In drei Wochen reistSchmullius wie einst Alexander von Humboldt nach Washington, um dasProjekt bei der FAO persönlich voranzubringen.