Urteil Urteil: Cousine auf Parkplatz erschossen

Hagen/dpa. - Die junge Iptehal (20) starb, weil sie nicht soleben wollte wie ihre Familie. Die Frau aus Schwerte im Ruhrgebietwollte figurbetonte Kleider tragen, rauchen, ausgehen und Männertreffen. Im August 2008 fällte ihr aus Syrien und dem Libanonstammender Familien-Clan deshalb ein Todesurteil. Zum Vollstreckerwurde unter anderem ein 21-jähriger Cousin Iptehals bestimmt. AmDienstag hat das Hagener Landgericht den in Wuppertal lebenden Mannverurteilt. Wegen des sogenannten Ehrenmordes verhängten die Richter14 Jahre Haft.
Zusammen mit einem Onkel (48) fuhr der Angeklagte seine Cousineam 31. August 2008 auf den Parkplatz «Sterbecker Siepen» an derAutobahn 45 bei Lüdenscheid. Es war mitten in der Nacht, weit undbreit störte kein Mensch. Drei Schüsse aus nächster Nähe beendetendas Leben der 20-Jährigen. Eine der Kugeln traf Iptehal mitten insGesicht. Dann ließen ihre Mörder sie einfach liegen.
Weil sich der Onkel des Angeklagten nach der Tat ins Auslandabsetzte, konnte das Gericht nur über den 21-Jährigen urteilen.Dessen Behauptung, sein Verwandter habe den Mord allein geplant undihn mit Waffengewalt dazu gezwungen, bei der Ausführung zu helfen,wertete das Hagener Landgericht als Ausrede. «Wenig nachvollziehbarund unglaubhaft» nannte der Vorsitzende Frank Schreiber dieGeschichte des Angeklagten. Und selbst Verteidiger Gerhard Thien ausEssen räumte im Anschluss an das Urteil ein: «Es hätte michgewundert, wenn er freigesprochen worden wäre.»
Der Vater des Angeklagten rastete trotzdem nach dem Urteil aufdem Gerrichtsflur aus. «Mein Sohn ist unschuldig», rief er laut undfuchtelte wild mit den Armen in der Luft. Immer wieder drehte er sichum, als wolle er noch einmal in den Saal laufen und den Richtern dieMeinung sagen. Erst spät schafften es mehrere Angehörige, den Mann zustoppen. «Wofür 14 Jahre Haft?», fragte der Vater ungläubig undschaute flehend zum Himmel. Schließlich sei der geflohene Onkel dochan allem schuld.
Jener Onkel soll sich inzwischen in Syrien aufhalten. Angeblichhat er zuletzt mit mehreren Familienmitgliedern Kontakt gehabt. Dabeihabe er die Aussage des 21-Jährigen bestätigt, sagte VerteidigerThien. Große Hoffnungen, dass der Mann gefasst werde und in einemeigenen Prozess alles geraderücke, habe er jedoch nicht. «Solange erin Syrien bleibt, passiert ihm nichts.»
Iptehals Mutter hat auf ihre ganz eigene Weise auf den Tod der20-Jährigen reagiert. Sie änderte ihren Nachnamen und heißt jetzt sowie der flüchtige Onkel, der mutmaßliche Mörder ihrer Tochter.