Türkei Türkei: Lokführer nach Bahnunglück in Haft

Istanbul/dpa. - Nach dem schweren Bahnunglück in der Türkei sinddie beiden Lokführer und der verantwortliche Zugbegleiter unter dem in Untersuchungshaft genommen worden.Ihnen drohen bei einer Verurteilung bis zu zehn Jahre Haft,berichteten türkische Medien am Sonntag. Bei der Zugkatastrophe aufder erst vor wenigen Wochen eröffneten Schnellstrecke zwischenIstanbul und Ankara wurden nach jüngsten Regierungsangaben 37Menschen getötet. Fast 100 Passagiere wurden verletzt, als der Zug amDonnerstagabend rund 150 Kilometer hinter Istanbul entgleiste,Waggons umstürzten und sich ineinander verkeilten.
Wegen unterschiedlicher Angaben zur tatsächlichen und zurerlaubten Geschwindigkeit am Unfallort waren Verkehrsminister BinaliYildirim und Bahn-Generaldirektor Süleyman Karaman stark unter Druckgeraten. Sie hatten nach dem Unfall angegeben, der Zug sei mit 118Stundenkilometern statt den vorgegebenen 80 Stundenkilometerngefahren. Dagegen heißt es in einem Bahn-Handbuch, das am Samstagauszugsweise veröffentlicht wurde, dass an der Stelle 130Stundenkilometer zulässig seien. Der Lokführer habe zu spät undabrupt gebremst, hieß es in einigen Berichten. «Irgendjemand sagthier nicht die Wahrheit», titelten türkische Zeitungen.
Verkehrsminister Yildirim kündigte die Bildung einer unabhängigenUntersuchungskommission an, zu der auch Experten aus Deutschland indie Türkei geladen wurden. Die Gleise an der Unglücksstelle wurdennoch vor der Bergung der entgleisten Waggons komplett erneuert.Bahngewerkschaften und Verbraucherschützer kündigten am WochenendeAnzeigen gegen die Verantwortlichen von Bahn und Regierung an. Dieangeklagten Zugführer sollten als «Sündenböcke» herhalten, hieß esunter anderem.
Experten hatten die Regierung bereits vor Inbetriebnahme desSchnellzuges am 4. Juni vor einer Tragödie gewarnt: Die rund 100Jahre alten Gleise seien nicht stabil genug für moderne Schnellzüge.Auf der nach ihrer Ansicht überhastet freigegebenen Strecke waranfangs eine Höchstgeschwindigkeit von 160 Stundenkilometern erlaubt.Diese war jedoch schon bald wieder leicht reduziert worden, weil aufeinigen Streckenabschnitten Geschirr im Speisewagen klapperte.

