Streit um Sicherheit Stadt hofft auf Lösung bei Genehmigung für Weihnachtsmarkt
Der Weihnachtsmarkt in der Landeshauptstadt steht auf der Kippe: Händler zittern, Verträge laufen – wer übernimmt die Verantwortung für die Sicherheit? Am Mittwoch sollen offene Fragen geklärt werden.

Magdeburg - Im Streit um die Genehmigung des Magdeburger Weihnachtsmarkts geht die Stadt davon aus, noch eine Lösung zu finden. „Ich gehe davon aus, dass wir es hinbekommen, den Weihnachtsmarkt zu eröffnen“, sagte Oberbürgermeisterin Simone Borris (parteilos) – wenn auch vielleicht einige Tage später als geplant. In der Diskussion um Mängel im Sicherheitskonzept hatte die Stadt sich in einem offenen Brief auch an Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) gewandt und ihn um Unterstützung gebeten.
„Wir stehen unter massivem Zeitdruck. Der Aufbau des Weihnachtsmarkts läuft, Verträge sind geschlossen, Existenzen, auch für Händler in der gesamten Innenstadt, hängen an Entscheidungen, die in wenigen Tagen getroffen werden müssen“, heißt es in dem offenen Brief an Haseloff. „Wir können nicht länger abwarten, während Zuständigkeiten hin- und hergeschoben werden.“
Ministerpräsident schaltet sich ein
Haseloff hat sich der Sache angenommen und ein gemeinsames Gespräch von Vertretern der Stadt und des Landesverwaltungsamts am Mittwoch vermittelt. „Ziel ist es, einen sicheren Weihnachtsmarkt durchzuführen“, sagte der Regierungschef der Deutschen Presse-Agentur. Er erwarte, dass die offenen Fragen in einem guten Miteinander geklärt würden, so Haseloff.
Die Oberbürgermeisterin hatte den Stadtrat am Montagabend darüber informiert, dass der Weihnachtsmarkt in diesem Jahr vorerst nicht genehmigt werden könne. Schon seit Ende Oktober werden die Buden auf dem Alten Markt vor dem Rathaus aufgebaut. Die Eröffnung war eigentlich am 20. November geplant.
Gibt es Mängel bei der Sicherheit?
Hintergrund der möglichen Absage ist eine Einschätzung des Landesverwaltungsamts zum Sicherheitskonzept. Darin werden unter anderem der Zufahrtsschutz und die Organisation der Sicherheitskräfte bemängelt. Es könne daher keine Zustimmung zum Sicherheitskonzept geben, heißt es in dem Brief, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Das Verwaltungsamt weist darauf hin, dass die Stadt selbst um eine fachliche Stellungnahme gebeten habe.
Stadt und Veranstalter, die überwiegend städtische Magdeburger Weihnachtsmarkt GmbH, kritisieren, die Sichtweise des Verwaltungsamts, dass allein durch den Betrieb des Weihnachtsmarkts ein Anschlagsziel und damit eine konkrete Gefahr entstehe. Damit werde der Veranstalter der Risikoverursacher und somit haftbar, teilte die Weihnachtsmarkt GmbH mit.
Veranstalter will Forderungen erfüllen
Der Städte- und Gemeindebund Sachsen-Anhalt sieht durch die Einschätzung der Behörde eine große Verunsicherung bei vielen Städten im Land. Es könne nicht sein, dass das Landesverwaltungsamt aus vermutetem Selbstschutz heraus den Kommunen diese Aufgaben aufdrücken wolle, sagte der Präsident des Städte- und Gemeindebundes, Andreas Dittmann (SPD). „Diese Haltung bringt nicht nur den Magdeburger Weihnachtsmarkt in Gefahr.“
Veranstalter hätten bereits vielfach nachgerüstet. Auf Anfrage teilten mehrere Städte wie Halle, Quedlinburg oder Dessau-Roßlau mit, mehrere Zehntausend bis 600.000 Euro in die Sicherheit von Weihnachtsmärkten investiert zu haben. Auch Magdeburg hat in diesem Jahr bereits 250.000 Euro allein in den Zufahrtsschutz investiert, nachdem im vergangenen Jahr ein Attentäter mit einem Auto über den Markt gerast war, sechs Menschen tötete und mehr als 300 zum Teil schwer verletzte.
Die Magdeburger Weihnachtsmarkt GmbH will viele der neuen Forderungen erfüllen. Unter anderem gehe es um eine nochmalige Aufstockung der Sicherheitskräfte und eine genauere Definition der Kompetenzzuordnung, hieß es. Die Hinweise würden bereits in das Sicherheitskonzept integriert. Wichtig sei zudem eine Klärung der Kompetenzen von privaten Sicherheitskräften bei Taschen- und Personenkontrollen.
Schaustellerbund: Absage wäre Kapitulation des Staates
Der Deutsche Schaustellerbund teilte mit, der Veranstalter und alle für diese Sicherheit verantwortlichen Akteure hätten ein Jahr Zeit gehabt, ihr Konzept und die festgestellten Defizite zu korrigieren. „Ein Ausfall des Magdeburger Weihnachtsmarkts ist unter keinen Umständen zu akzeptieren.“ Dies käme einer Kapitulation des Staates gleich. „Wir sind nicht bereit, einen Streit der Verwaltungen auf unserem Rücken austragen zu lassen“, sagte Präsident Albert Ritter.
Die SPD-Landtagsfraktion in Sachsen-Anhalt hat für die Sitzung des Parlaments in dieser Woche eine aktuelle Debatte zum Thema „Stehen die Weihnachtsmärkte in Sachsen-Anhalt vor dem Aus?“ beantragt. Das Abschieben der Verantwortung für die Abwehr terroristischer Gefahren und bewaffnete Kriminalität auf Kommunen und Veranstalter sei rechtswidrig, heißt es in der Begründung.
Das Innenministerium teilte auf Anfrage mit, die Polizei bleibe weiterhin für die Abwehr von Terroranschlägen zuständig. Dies entbinde aber weder kommunale Sicherheitsbehörden noch private Veranstalter von der Pflicht, die Risiken zu minimieren. An dem Gespräch am Mittwoch zwischen Stadt und Landesverwaltungsamt werde daher auch die Polizei teilnehmen, so das Innenministerium. „Ziel ist es, einen sicheren Weihnachtsmarkt durchzuführen.“