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Schweiz Schweiz: Bröckelige Felsen am St. Gotthard wurden gesprengt

Von Heinz-Peter Dietrich 23.06.2006, 10:38
Rund 5500 Kubikmeter Gestein über der Gotthardautobahn in der Schweiz sind am Freitag weggesprengt worden. (Foto: dpa)
Rund 5500 Kubikmeter Gestein über der Gotthardautobahn in der Schweiz sind am Freitag weggesprengt worden. (Foto: dpa) KEYSTONE

Gurtnellen/dpa. - Zuvor hatten Hubschrauber mit Böllerschüssen das letzte Wild verjagt, rund30 Einwohner des Dorfes Gurtnellen wurden in Sicherheit gebracht.

Die alte Tankstelle von Hans Stern wurde mit Betonplattengeschützt. Aber nichts passierte. Die Sprengung in etwa 1400 MeterHöhe war so präzise vorbereitet worden, dass es kaum riesigeGesteinsbrocken gab. Baudirektor Markus Züst konnte seine Genugtuungkaum verbergen: «Die Sprengung ist hervorragend verlaufen - besserals erwartet.» Das ganze sei eine «Superleistung» gewesen.

Die auf 700 Meter Höhe verlaufende Autobahn und auch dieKantonstraße wurden nicht weiter beschädigt. Eine riesige Staubwolkenach sich ziehend, waren die Gesteinsmassen kurz vor der Fahrbahn vomSchutzwald aufgefangen worden und liegen geblieben. Allerdings hattensie auf ihrem rasenden Weg nach unten zum Teil Bäume wieStreichhölzer umgeknickt. Einige hundert Schaulustige beobachtetendas ganze Spektakel aus sicherer Entfernung .

Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang hatte das Spreng-Teamgeschuftet, um die 88 Löcher vorzubereiten, in die schließlich in denletzten Stunden die Sprengmasse eingeführt wurde. Sie konnten nurangeschnallt arbeiten. Auf dem brüchigen Felskopf selbst rangiertezeitweise ein Bagger, dessen Fahrer nicht gesichert werden konnte. Inder Nacht vor der Sprengung mussten sechs Arbeiter in luftiger Höheausharren, weil der Hubschrauber, der sonst auf ihren Bau-Containernlandete, wegen Nebels nicht fliegen konnte.

Die Behörden hatten sich zur Sprengung des überhängenden Felsensentschlossen, nachdem auf der Gotthard-Autobahn Ende Mai das Autoeines deutschen Ehepaares von einem Felsbrocken getroffen worden war.Beide starben. Danach hatte es weitere Abbrüche gegeben, und dieStrecke wurde gesperrt. «Jetzt ist es mit der Ruhe wieder vorbei»,meinte eine Anwohnerin aus Gurtnellen am Freitag. Während dervergangenen Wochen war die Autobahn weitgehend gesperrt gewesen, nurAnlieger durften passieren. Man habe wieder die Vögel singen hören.

Wann die bis zu 50 000 Autos, die in der Ferienzeit täglich denGotthardtunnel nutzen, wieder fahren dürfen, ist noch nicht ganzklar. «Aber sie werden kommen, und dann wird auch die Luft wiederschlecht», weiß die Anwohnerin. Erwartet werden auch wieder dieLastwagen. Von den 1,3 Millionen, die jährlich durch die Schweizrollen, nutzt eine Million die Gotthardstrecke.