Historische Gebäude „Schwarzbuch“: Stiftung beklagt verlorene Denkmale
Ob Fachwerkhaus, Tankstelle oder NS-Bau: Rund eine Million einzigartige Gebäude in Deutschland sollen eigentlich bewahrt werden. Häufig aber läuft es anders, heißt es in einem neuen „Schwarzbuch“.

Berlin - Bagger statt Sanierung, Parkplatz statt Baudenkmal: Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz beklagt den achtlosen Abriss historisch bedeutsamer Gebäude. In einem „Schwarzbuch“ spricht die Stiftung von mindestens 900 Denkmalen, die allein 2023 und 2024 verloren gegangen seien - vom Generalshotel in Brandenburg bis zur Radrennbahn Reichelsdorfer Keller in Bayern, von einer Minol-Tankstelle in Sachsen bis zu einem Flugzeughangar im Saarland. Die Bauten waren ursprünglich als Denkmale geschützt, blieben aber doch nicht erhalten.
„Ein Stück verlorene Erinnerung“
„Jedes Jahr gehen viele Objekte unwiederbringlich verloren – und jedes verlorene Denkmal ist auch ein Stück verlorene Erinnerung, Identität und Kultur“, heißt es im „Schwarzbuch“. Bevor die Abrissbagger rollen, erreichen Eigentümer demnach meist behördlich oder vor Gericht eine Aufhebung des Denkmalschutzes.
Die Gründe aus Sicht der Stiftung: Denkmalschutz gelte als starr und teuer. Häufig würden Kosten für den Erhalt geschützter Gebäude zu hoch angesetzt, Kosten für Ersatzbauten hingegen zu niedrig. Einige Denkmale seien als historisch belastete Orte „unbequem“, etwa das sogenannte Bogensee-Areal mit der Villa von NS-Propagandaminister Joseph Goebbels in Brandenburg.
Landesbehörden sind zuständig
Zuständig für den Schutz von geschätzt etwa einer Million Denkmalen seien Behörden der Länder, doch fehle der Überblick. „Wie viele Denkmale jedes Jahr verschwinden, ob durch Abriss oder durch unauffälliges und unbemerktes Streichen von den Denkmallisten, wird ebenfalls nicht erfasst und ausgewertet“, schreibt die Stiftung.
Die 900 verlorenen Denkmale hat sie selbst recherchiert, hält die Liste aber nicht für komplett. Einige von der Stiftung genannten Beispiele:
- Das Generalshotel in Schönefeld vor den Toren Berlins, zu DDR-Zeiten luxuriöses Empfangsgebäude und sowjetisches Gästehaus, musste einem Parkplatz für Flugzeuge am Hauptstadtflughafen BER weichen.
- Ebenfalls ein Parkplatz - in dem Fall für Autos - entstand nach Darstellung der Stiftung an der Stelle von vier ursprünglich denkmalgeschützten Häusern aus dem 18. Jahrhundert in Bützow in Mecklenburg-Vorpommern.
- Das neobarocke Verwaltungsgebäude der Zeche Georgschacht in Stadthagen stand ebenfalls seit 1983 unter Denkmalschutz, verfiel dann aber und wurde letztlich abgerissen. Dort ist nun eine Entsorgungsfirma.
- Ein Flugzeughangar im saarländischen Heusweiler-Eiweiler, errichtet in einer historisch besonders interessanten Modulbauweise durch US-Truppen in den 1940er Jahren, verschwand für Investorenpläne, die letztlich nicht verwirklicht wurden.
- So erging es auch der Siedlung Möhrensteig in Quedlinburg in Sachsen-Anhalt: Das Ensemble von 1927 aus sechs Mehrfamilienhäusern wurde nach Leerstand wegen Sanierungsbedarfs abgebrochen. Die Fläche blieb vorerst leer.
Um Denkmale besser zu schützen, fordert die Stiftung eine bundesweite Erfassung des Bestands und eine bessere Ausbildung für Mitarbeiter in den zuständigen Behörden. Abrissvorhaben und die Streichung aus Denkmallisten sollten zudem rechtzeitig öffentlich gemacht werden.