Prozess in Belgien Prozess in Belgien: Kommissar vermutet weitere Taten des Vergewaltigers Dutroux

Arlon/Brüssel/dpa. - Der mutmaßliche Mädchenmörder Marc Dutroux hat möglicherweise mehr Straftaten auf dem Gewissen als bisher angenommen. Auch zwei weitere Vergewaltigungen, ein Mordversuch und eine fehlgeschlagene Entführung könnten auf das Konto des vorbestraften Kinderschänders gehen, sagte ein Polizeikommissar am Donnerstag im Schwurgericht von Arlon. «Ich gehöre zu denen, die glauben, dass er nicht alles gestanden hat», erklärte der Fahnder Jean-Pierre Verduyckt im Zeugenstand. Ein Kripo-Inspektor habe aber seinerzeit verschiedene Taten von Dutroux gedeckt.
Verduyckt war einer jener Polizisten, die nach der Festnahme Dutroux' im Sommer 1996 am Bürgertelefon einschlägige Hinweise sammelten. Mehrere Fälle deuteten auf Dutroux als Täter: In einem Fall von 1995 sei ein Mädchen in ein Auto gezerrt und vor seiner Vergewaltigung betäubt worden, bevor es nach mehreren Messerstichen verletzt liegen gelassen wurde. Nach einer anderen Vergewaltigung habe Kripo-Inspektor Georges Zicot eine Zeugenaussage nicht protokolliert, sagte der Kommissar. Zicot ist zusammen mit Dutroux in einem anderen Fall wegen Verstoßes gegen das Berufsgeheimnis angeklagt.
Der Hauptangeklagte Dutroux gab in der Verhandlung neue Einblicke in seine Haltung zu Kriminellen und anderen Menschen. Zur Auseinandersetzung mit einigen jungen Leuten, die ihm Mitte der 90er Jahre einen gestohlenen Lastwagen streitig machten, sagte Dutroux: «Ich wollte sie nicht umbringen. Unter Gangstern kann man sich arrangieren. Man wendet besser Betäubungsmittel an als Gewalt. Da ging es nicht um kleine Kerlchen.» Im Dutroux-Prozess geht es neben der Entführung von sechs Mädchen, von denen vier qualvoll starben, auch um die Gefangennahme der rivalisierenden Bande.
Wenige Tage nach diesem Ereignis im November 1995 gab der Dutroux- Komplize Bernard Weinstein sein letztes Lebenszeichen von sich - er wählte auf seinem Handy die Telefonnummer eines Polizisten. Danach verliert sich Weinsteins Spur, bis seine Leiche im September 1996 auf einem Dutroux-Grundstück gefunden wird. Dutroux gab zunächst zu, seinen Komplizen bei lebendigem leibe begraben zu haben. Später beschuldigte er unter anderem seine Ex-Frau Michelle Martin der Tat. Diese wiederum erklärte, Dutroux habe Weinstein vor seinem Tode noch gefoltert, um an dessen versteckte Ersparnisse zu kommen.

