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Nigeria Nigeria: Hunderte Tote bei Treibstoff-Explosion

Von Ulrike Koltermann 26.12.2006, 13:19
Ein Überlebender der Treibstoff-Explosion in der nigerianischen Hauptstadt Lagos wird geborgen. (Foto: dpa)
Ein Überlebender der Treibstoff-Explosion in der nigerianischen Hauptstadt Lagos wird geborgen. (Foto: dpa) EPA

Lagos/Nairobi/dpa. - Bei einer von Treibstoff-Dieben ausgelösten Explosion einer Pipeline in der nigerianischen Metropole Lagos sind am Dienstag mehr als 850 Menschen ums Leben gekommen. «Die Zahl kann noch steigen, viele Opfer sind bis zur Unkenntlichkeit verbrannt»,sagte Ige Oladimeji vom nigerianischen Roten Kreuz. Etwa 60 Menschenwurden lebend aus dem Inferno geborgen und in Krankenhäuser gebracht.60 Häuser und 52 Autos gingen in Flammen auf. Bei den meistenTodesopfern soll es sich um Bewohner des dicht besiedelten Vorortesvon Lagos handeln, die am frühen Morgen noch im Bett lagen undverbrannten.

An der Unglücksstelle spielten sich grauenhafte Szenen ab. WährendFeuerwehrleute fieberhaft versuchten, den Brand unter Kontrolle zubekommen, bargen Rettungskräfte verkohlte Leichen. ZehntausendeMenschen, die zum Ort der Explosion gelaufen waren, schrien vorEntsetzen beim Anblick der Szenerie. Nach Berichten von Augenzeugenhatten zwei Diebesbanden die Explosion ausgelöst, als sienacheinander dieselbe Leitung anbohrten, um illegal denhochentzündlichen Treibstoff abzuzapfen. In dem westafrikanischenLand kommt es immer wieder zu solchen Unglücken, weil Treibstoff einebegehrte Ware auf Nigerias Schwarzmärkten ist.

Die gewaltigen Rauchschwaden an der Unfallstelle waren noch ausweiter Entfernung zu sehen. Die Feuerweh kämpften stundenlang gegendie Flammen. Mitarbeiter des Roten Kreuzes registrierten diejenigen,die Angehörige unter den Opfern befürchteten. «Es liegen verbrannteLeichen am Boden, und es kommen immer mehr Menschen, die ihreVerwandten suchen», sagte Oladimeji. «Hier herrscht großes Chaos.»

Die Explosion ereignete sich in den frühen Morgenstunden. Bewohnersagten, dass eine Gruppe von Benzindieben die Leitung angezapft undbereits 150 000 Liter Benzin in große Plastiktanks abgefüllt hatte.Später sei eine zweite Diebesbande gekommen und habe die Leitungerneut angebohrt. Zahlreiche Einwohner seien zu der Stelle gekommen,um von der angebohrten Leitung zu profitieren und selbst Kanister zufüllen. Dann habe das Benzin Feuer gefangen und es sei zu einerheftigen Explosion gekommen.

Erst im Mai hatte es in einem Fischerdorf nahe Lagos bei einemähnlichen Fall fast 200 Tote gegeben. Damals waren die Leichen durchden Druck der Explosion in die Mangrovensümpfe hinausgeschleudertworden. Der nigerianische Präsident Olusegun Obasanjo hatte damalsmehr Sicherheit für die zum Teil überirdisch verlegten Leitungengefordert. In den vergangenen Jahren sind bei derartigen Unfällenmehr als 1000 Menschen gestorben.

Die Unfälle machen deutlich, wie verzweifelt die Lage der Menschenist, die enorme Risiken eingehen, um das abgezapfte Benzin auf demSchwarzmarkt zu Geld zu machen. Nigeria ist der größte Ölproduzentdes Kontinents und ein wichtiger Lieferant der USA. Trotz derÖleinnahmen des Staates leben viele Einwohner in bitterer Armut. Vorallem im Nigerdelta, dem Hauptsitz der Ölindustrie, gibt es in denmeisten Dörfern weder Strom noch sauberes Wasser. Die militanteBewegung für die Befreiung des Nigerdeltas kämpft seit Monaten gegendie Präsenz ausländischer Ölkonzerne, indem sie deren Mitarbeiterentführt und Anschläge gegen die Ölanlagen verübt.

(Grafik: dpa)
(Grafik: dpa)
dpa