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Niederlande Niederlande: 15-Jähriger wegen «Facebook-Mord» vor Gericht

03.09.2012, 06:21
Blick auf den am 14. Januar 2012 abgesperrten Tatort in Arnheim (Niederlande), wo ein 15 Jahre alter Auftragmörder ein Mädchen umgebracht haben soll. (ARCHIVFOTO: DPA)
Blick auf den am 14. Januar 2012 abgesperrten Tatort in Arnheim (Niederlande), wo ein 15 Jahre alter Auftragmörder ein Mädchen umgebracht haben soll. (ARCHIVFOTO: DPA) ANP FILE

Arnheim/dpa/MZ. - Die Bluttat in den Niederlanden ist ein besonders grausames Beispiel für die Folgen, die Mobbing im Internet haben kann: Auf offener Straße wird ein 15-jähriges Mädchen von einem gleichaltrigen Jungen umgebracht, weil es im sozialen Netzwerk Facebook über ein anderes Mädchen gelästert hat. Der Täter sticht ihr mit einem Messer in Gesicht und Hals. Die Staatsanwaltschaft geht von einem Auftragsmord aus. Der Teenager war demnach von zwei anderen Jugendlichen, einem Mädchen und einem Jungen, zu der Mordtat angestiftet worden - und erhielt dafür höchstens 100 Euro. Das Verfahren gegen die jugendlichen Anstifter läuft noch und wird im Oktober fortgesetzt.

Der spektakuläre "Facebook-Mord" hat die Niederlande schwer erschüttert. Gestern verhängte das Gericht in Arnheim die Höchststrafe für den Täter. Der 15 Jahre alte Angeklagte wurde wegen Mordes und versuchten Totschlags zu einem Jahr Jugendgefängnis und drei Jahren Zwangstherapie in einer Anstalt für Straftäter verurteilt. Es ist die Höchststrafe für jugendliche Straftäter in den Niederlanden.

Alles hatte mit einer Lästerei auf Facebook begonnen. Laut Staatsanwaltschaft hatte das Opfer Winsie über das soziale Netzwerk ihre Freundin Polly diffamiert und das Gerüchte verbreitet, dass diese Sex mit mehreren Jungen hatte. Die wollte sich dafür offenbar rächen. Laut Anklage schmiedete sie mit ihrem Freund ein Mordkomplott - und bezahlte schließlich den mutmaßlichen Täter. "Winsie musste getötet werden", fasste Anklägerin Josan Schramm während des Prozesses zusammen.

Am 14. Januar habe der Täter dann auf Winsie am Eingang ihres Elternhauses in Arnheim eingestochen. Ihr Vater wurde beim Versuch, ihr zu helfen, verletzt. Das Mädchen starb fünf Tage später im Krankenhaus.

Der bereits vorbestrafte Angeklagte ist Gutachten zufolge nur vermindert zurechnungsfähig und psychisch gestört. Er habe unter Druck der beiden Anstifter gehandelt, führte die Verteidigung an. Das aber wies die Anklage zurück. Er habe die beiden Älteren bewundert, hieß es. "Er wollte dazugehören", sagte Staatsanwältin Schram.

Der Vater des ermordeten Mädchens machte das Internet für die Wahnsinnstat verantwortlich. "Die Gefahren durch chatten und Soziale Medien werden unterschätzt", sagte er. Betroffen vom sogenannten Cyber-Mobbing sind Kinder weltweit. Etwa 33 Prozent der 14- bis 20-Jährigen in Deutschland sollen bereits Opfer von Cyber-Mobbing geworden sein. Das ergab im Jahr 2011 eine repräsentative Forsa-Umfrage mit 1 000 Teilnehmern. 52 Prozent kennen den Täter. 21 Prozent konnten sich vorstellen, selbst als Täter im Internet aufzutreten.

Cyber-Mobbing bedeutet Diffamierung, Belästigung, Bedrängung und Nötigung per Internet, vor allem in sozialen Netzwerken. Traurige Berühmtheit erlangte die Website isharegossip.com, die inzwischen auf dem Index der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien steht.

In Deutschland hat im März ein Aufruf zur Lynchjustiz nach dem Mord an der elfjährigen Lena für Aufruhr gesorgt. Ein 18-Jähriger hatte über Facebook dazu aufgerufen, einen festgenommenen Verdächtigen mit Steinen zu bewerfen. Ein weiterer hatte dazu angestiftet, die Polizeiwache zu stürmen. Der festgenommene Teenager, dem die Attacken galten, erwies sich als unschuldig.