Nach Unglück am Bodensee Nach Unglück am Bodensee: Trauerfeier für Opfer des Flugzeugabsturzes

Überlingen/Berlin/dpa. - In dem mit Blumen und Flaggen geschmückten Kursaal am Bodenseeufer sagte der baden-württembergische Ministerpräsident Erwin Teufel (CDU): «71 Menschen sind mit einem Schlag hinweggerafft worden. Sie haben einen entsetzlichen, technischen Tod erlitten. Nicht nur ihrLeben wurde vernichtet, auch ihr Gesicht, ihr Körper, ihr Name, ihre Identität».
Auf einer Großleinwand verfolgten hunderte Menschen den Trauerakt im Garten des Kursaals. Mit roten Rosen schmückten 71 Schülerinnen und Schüler nach den Reden zwei Tafeln, auf denen die Namen der Toten standen. Ein moslemischer und ein russisch-orthodoxer Geistlicher ausder baschkirischen Hauptstadt Ufa sprachen Gebete.
Der baschkirische Regierungschef Rafael Bajdawletow dankte den deutschen Behörden und den zahllosen Helfern für ihre «unschätzbare Hilfe und moralische Unterstützung» nach dem Absturz. «Freunde erkennt man in der Not», sagte er. «Wir werden nie die deutschen Frauen mit den Kaffeetassen am Feldrand vergessen, nie die weinendenStadtbewohner, das Kreuz und die Blumen am Unfallort.» Er warnte im Streit um die Schuldfrage vor «voreiligen Schlüssen».
Aus Baschkirien stammen 65 der Todesopfer der Flugzeugkollision vom 1. Juli, die meisten von ihnen waren Schulkinder. Die Flugzeuge waren in etwa elf Kilometern Höhe über dem nordwestlichen Ufer des Bodensees kollidiert und abgestürzt. Niemand überlebte das Unglück.
Bundesverkehrsminister Kurt Bodewig (SPD) versprach auf derTrauerfeier eine vollständige Aufklärung des Unglücks. An Bajdawletow gewandt sagte er: «Bitte überbringen Sie Ihren Landsleuten unsere feste Zusage, dass wir alles tun, damit die Ursachen des Unfalls aufgeklärt werden.»
Der Schweizer Verkehrsminister Moritz Leuenberger betonte: «Die Schweiz ist aufgewühlt, sie leidet mit allen Betroffenen.» Die Schweiz wolle, dass die Ursachen des Flugzeugunglücks an den Tag kämen. Der Schweizer Bundespräsident Kaspar Villiger hatte seineReise zu den weiteren Trauerfeiern nach Ufa wegen Sicherheitsbedenken abgesagt. Die Emotionen seien dort in einem Maß gestiegen, dass die Sicherheit der Delegation vor Ort gefährdet wäre, hieß es in einer Erklärung des Finanzministeriums, das Villiger als Minister leitet.
Am Tag der Trauerfeier nahm die Deutsche Flugsicherung (DFS) ihre Kollegen vom privaten Schweizer Flugsicherungsunternehmen skyguide in Schutz, das für die Kontrolle des Luftraums über Teilen Süddeutschlands zuständig ist. Privatisierte Flugkontrollstellenseien nicht unsicherer als behördlich organisierte, sagte DFS-Chef Dieter Kaden. «Wirtschaftliche Unternehmensführung führt nicht automatisch dazu, dass zu Lasten der Sicherheit gespart wird.» Es diene der Effizienz und der Verkehrsabwicklung, wenn die Übergabe von der Flugsicherungsstelle des einen Staates an die des benachbarten Landes nicht zwangsläufig an der Ländergrenze erfolge.
Vor dem Hintergrund der Pannen, die nach dem Flugzeugunglückbekannt wurden, wird auch die Ratifizierung des Fluglärm-Vertrages zwischen Deutschland und der Schweiz fraglich. Der Bundesrat legte am Freitag in Berlin auf Antrag Baden-Württembergs Einspruch ein. Das Flugzeugunglück habe das Vertrauen in die Schweizer Flugkontrolle belastet. Den Einspruch des Bundesrates muss nun der Bundestag mit der so genannten Kanzler-Mehrheit zurückweisen, wenn die Ratifizierung erfolgen soll.
