1. MZ.de
  2. >
  3. Panorama
  4. >
  5. Mordfall Jakob: Mordfall Jakob: Verteidiger: «Habgier als Motiv zu einfach»

Mordfall Jakob Mordfall Jakob: Verteidiger: «Habgier als Motiv zu einfach»

Von Ira Schaible 15.10.2002, 14:07
Fahndungsfoto von Jakob
Fahndungsfoto von Jakob Polizei

Frankfurt/Main/dpa. - Der mutmaßliche Mörder des Frankfurter Bankierssohns Jakob von Metzler hat sein Schweigen gebrochen. Nach seinem umfassenden Geständnis soll der 27 Jahre alte Jura-Student am Donnerstag weiter zum Tatablauf verhört werden. Magnus G. hatte in einer sechsstündigen Vernehmung am Montag eingeräumt, den Elfjährigen entführt und getötet zu haben - vermutlich aus Habgier. «Er hat die Entführung und Tötung des Kindes von der Planungsphase bis zum Ablegen der Leiche in einem See (bei Schlüchtern) zugegeben», teilte der Frankfurter Oberstaatsanwalt Rainer Schilling am Dienstag mit. «Nach dieser Schilderung muss als Motiv der Tat die Beschaffung von Geld angenommen werden.» Schilling sprach von einem «Teilgeständnis».

Die Vernehmung sei «extrem anstrengend und extrem aufreibend» gewesen, berichtete der Anwalt des 27-Jährigen, Hans Ulrich Endres. Sein Mandant habe aber schließlich - zwei Wochen nach seiner Festnahme und 17 Tage nach der Tat - ein «volles und umfassendes Geständnis» abgelegt. Am Donnerstag werde es nur noch um die Zeit nach dem Töd des kleinen Jakob gehen, also um das Abholen der eine Million Euro Lösegeld und den Kauf eines Autos und zweier Flugtickets mit Geld aus der Beute, kündigte Endres an.

Der Druck auf Magnus G. hatte in den Tagen vor seinem Geständnis extrem zugenommen: Die Indizien sprachen immer mehr gegen ihn. Das Lösegeld von einer Million Euro wurde fast komplett in seiner Wohnung, die nahe der Bushaltestelle liegt, an der Jakob verschleppt wurde, gefunden. Magnus G. hatte die Polizei mit seinen Angaben zum Fundort der Leiche von Jakob geführt. Er verriet den Ermittlern auch, dass die Schulsachen und die Oberbekleidung des Jungen in Müllcontainern in Neu-Isenburg deponiert waren. Schließlich hatte sein Anwalt indirekt damit gedroht, das Mandat niederzulegen, wenn er nicht gestehe: Einen Indizienprozess werde es mit ihm nicht geben.

Magnus G. soll den kleinen Jakob am 27. September auf dem Weg von der Schule nach Hause an einer Bushaltestelle entführt und getötet haben. Er habe den Jungen nicht gewaltsam in seine Wohnung gelockt, sagte Schilling. Das Kind sei noch in der Wohnung gestorben, berichtete Endres. Die Obduktion ergab, dass Jakob erstickte. Der Anwalt des 27-Jährigen rechnet damit, dass die Staatsanwaltschaft noch in diesem Jahr Anklage wegen Mordes erhebt.

Nach dem Geständnis von Magnus G. atmeten in Frankfurt viele auf: Sein Schweigen hatten vor allem Menschen im Stadtteil Sachsenhausen als einen weiteren Akt der Gewalt empfunden. «Für alle Beteiligten ist es ein Stück Entlastung. Jetzt bekennt er sich wenigstens zu der Tat», sagt der Wiesbadener Kriminalpsychologe Rudolf Egg.

Die Fassungslosigkeit über die kaltblütige Tat blieb jedoch auch nach dem Geständnis. «Wie so jemand zu so einer wahnsinnigen Tat fähig sein soll, wundert uns alle und ist uns unerklärlich», sagt der Schulleiter von Jakobs Gymnasium, Volker Räuber. «Die Schüler sind eh alle davon ausgegangen, dass Magnus G. der Täter war.» Für sie stehe die Trauer um ihren Mitschüler auch nach dem Geständnis des Täters im Vordergrund.

«Der übersteigerte Wunsch in sozial höhere Kreise zu gelangen, der übersteigerte Wunsch nach Geld und Statussymbolen erklärt die Tat nicht komplett», betont der Leiter der kriminologischen Zentralstelle in Wiesbaden, Egg. «Neben dem braven, freundlichen anständigen Sohn, muss es einen höchst unzufriedenen sich mit inneren Zerwürfnissen quälenden Menschen geben.» Diese verschiedenen Seiten der Persönlichkeit müssten die Gerichtspsychologen und -psychiater in den nächsten Monaten aufklären.

«Habsucht oder Geldgier ist zu einfach», sagt auch Strafverteidiger Endres. Was hinter dieser «gespaltenen Persönlichkeit steckt, die auf der einen Seite freundlich, zurückhaltend und Gewalt ablehnend ist und auf der anderen Seite einen elfjährigen Bub umbringt», müsse tiefenpsychologisch ergründet werden. Ein Gutachter sei bereits beantragt.

Karte zum Entführungsfall Jakob von Metzler
Karte zum Entführungsfall Jakob von Metzler
dpa