Berlins Finanzlage Landesrechnungshof: Berlin muss sparen
Der Landesrechnungshof warnt: Berlin steuert auf eine Haushaltsnotlage zu. Rücklagen könnten bald aufgebraucht sein, der Schuldenstand wächst auf ein Rekordniveau.

Berlin - Der Landesrechnungshof hat den schwarz-roten Senat schwere Versäumnisse in der Finanzpolitik vorgeworfen und dringend zum Sparen aufgerufen. „Die Alarmsignale sind deutlich. Der aktuelle Kurs ist falsch“, warnte Landesrechnungshofpräsidentin Karin Klingen. „Berlin muss seine Ausgaben zurückführen und Einnahmen erhöhen.“
Klingen hatte den aktuellen Jahresbericht des Landesrechnungshofs am Morgen an die Präsidentin des Abgeordnetenhauses, Cornelia Seibeld, übergeben.
Klingen kritisierte, die Ausgaben würden laut dem aktuellen Entwurf für den Doppelhaushalt 2026/2027 auf ein Rekordniveau von 45 Milliarden Euro erhöht. Die Einnahmen könnten das nicht ausgleichen. Entsprechend sei für die nächsten beiden Jahre von einem strukturellen Defizit von jeweils zwei Milliarden Euro auszugehen.
Berlin droht die Feststellung einer Haushaltsnotlage
Berlin lebt nach Einschätzung des Landesrechnungshofs chronisch über seine Verhältnisse und lässt die Finanzen aus dem Ruder laufen. „Die Rücklagen sind spätestens in zwei Jahren aufgebraucht. Der Schuldenstand wird bis 2029 auf ein Rekordniveau von 84 Milliarden Euro anwachsen“, sagte Klingen. „Das nimmt Berlin in Zukunft fast jede Gestaltungsmöglichkeit.“
Klingen wies darauf hin, dass Berlins Kennzahlen auf eine drohende Haushaltsnotlage hindeuteten. Der Stabilitätsrat, ein gemeinsames Gremium von Bund und Ländern, werde die Daten prüfen. „Wenn er das feststellt, kommt Berlin in einer Überwachungssituation“, so die Rechnungshofpräsidentin. Das bedeute, dass Berlin verpflichtet sei, über seine Finanzsituation zu berichten und darüber, welche Maßnahmen ergriffen werden sollen, um sie zu verbessern.
Mit der Änderung der Schuldenbremse habe Berlin Land noch eine Möglichkeit für weitere Verschuldungen erhalten. „Es reizt alle bestehenden und neu geschaffenen Verschuldungsmöglichkeiten aus“, warnte Klingen. „Das kann keine dauerhafte Lösung sein.“
In seinem Jahresbericht hat sich der Rechnungshof mit zahlreichen Vorhaben der Berliner Verwaltung beschäftigt. Kritik übt er etwa am Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten wegen erheblicher Mängel bei der Vergabe von Dienstleistungen für das Ukraine-Ankunftszentrum am ehemaligen Flughafen Tegel. Der Wirtschaftsverwaltung hält der Rechnungshof vor, im Zusammenhang mit Unternehmensgründungen Gelder an bereits bestehende Unternehmen gezahlt zu haben.
Scharfe Kritik an jahrzehntelanger Planung für den Molkenmarkt
Auch an der Planung zur Neugestaltung und Bebauung des Molkenmarktes in Berlins historischem Zentrum hat der Rechnungshof einiges auszusetzen: Sie habe bereits in den frühen 1990er Jahren begonnen, 2016 sei endlich ein Bebauungsplan festgesetzt worden.
Doch dann sei weiter konzipiert und geplant worden uns ein Ende nicht in Sicht. „Rechtsverbindliche Ergebnisse wurden in den sechs Jahren nicht erzielt. Dafür sind Verfahrenskosten von mehr als 5 Millionen Euro entstanden“, kritisiert der Landesrechnungshof. „Nach mehr als 30 Jahren Stadtplanung im Bereich Molkenmarkt ist dort noch kein einziges Gebäude entstanden.“
Deutliche Kritik gibt es auch beim Thema Katastrophenschutz: „Unsere Prüfung hat gezeigt, dass die Verwaltung derzeit auf eine große Krise nur unzureichend vorbereitet ist“, lautet das Fazit. „Der Zustand des Katastrophenschutzes in Berlin ist aus unserer Sicht alarmierend“, sagte Rechnungshof-Direktor Gerald Jank.
Von 37 mit dem Thema Katastrophenschutz befassten Behörden erfüllten viele nicht einmal die Mindestanforderungen. Es mangele an Gefährdungsanalysen, Katastrophenschutzpläne seien zum Teil nicht vorhanden. „Manche Einrichtungen wussten nicht einmal, dass sie überhaupt Katastrophenschutzbehörden sind.“
Der Versuch, ein Landesamt für Katastrophenschutz aufzubauen, habe allein im Jahr 2023 rund 1,4 Millionen Euro verschlungen, sagte Jank. „Ursächlich für das Scheitern dieses Vorhabens waren ständig wechselnde Vorgaben und ein mangelhaftes Projektmanagement.“