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Armut Kinderarmut in Niedersachsen verharrt auf hohem Niveau

Kinder von Alleinerziehenden und mit Migrationshintergrund sind besonders betroffen: Warum Armut in Niedersachsen für viele Familien Alltag bleibt und welche Maßnahmen jetzt gefordert werden.

Von dpa 19.12.2025, 06:00
Nach Angaben der Landesarmutskonferenz lag die Armutsgefährdungsquote von Kindern mit Migrationshintergrund 2024 bei rund 36 Prozent und damit deutlich höher als bei Kindern ohne Migrationshintergrund. (Symbolbild)
Nach Angaben der Landesarmutskonferenz lag die Armutsgefährdungsquote von Kindern mit Migrationshintergrund 2024 bei rund 36 Prozent und damit deutlich höher als bei Kindern ohne Migrationshintergrund. (Symbolbild) Jan Woitas/dpa

Hannover - Kinder und Jugendliche in Niedersachsen sind weiterhin überdurchschnittlich häufig von Armut bedroht. Nach Einschätzung des Kinderschutzbundes Niedersachsen gilt rund jede fünfte Person unter 18 Jahren als armutsgefährdet, teilte Vorstandsmitglied Simon Kopelke auf Anfrage mit. „Alle Systeme, auf die Kinder und Jugendliche angewiesen sind, stehen unter enormem Druck“, sagte Kopelke.

273.000 Kinder und Jugendliche im Land sind armutsgefährdet

Die Landesarmutskonferenz Niedersachsen bestätigt die Zahlen für das vergangene Jahr. Das entspricht etwa armutsgefährdeten 273.000 Kindern und Jugendlichen. Besonders betroffen sind laut beiden Organisationen Kinder von Alleinerziehenden sowie aus kinderreichen Familien.

Deutliche Unterschiede zeigten sich zudem beim Armutsrisiko von Kindern mit und ohne Migrationshintergrund. Nach Angaben der Landesarmutskonferenz lag die Armutsgefährdungsquote von Kindern mit Migrationshintergrund 2024 bei rund 36 Prozent und damit deutlich höher als bei Kindern ohne Migrationshintergrund.

Kopelke: „Können ihr volles Potenzial niemals entfalten“

Vorstandsmitglied Kopelke sagte: „Wirtschaft und Gesellschaft können ihr volles Potenzial niemals entfalten, wenn einem Teil der Kinder und Jugendlichen keine echte Chance auf Entwicklung gegeben wird.“

Die Folgen der Armut zeigen sich nach Einschätzung der Verbände vor allem im Bildungsbereich. Kinder aus armutsbetroffenen Haushalten hätten von Beginn ihrer Schulzeit an schlechtere Ausgangsbedingungen, erklärte Geschäftsführer Fabian Steenken von der Landesarmutskonferenz.

Bildungserfolge hängen stark vom Einkommen der Eltern ab

„Das beginnt schon sehr früh – symbolisch bei der kleineren Einschulungstüte, ganz konkret aber bei fehlenden materiellen Ressourcen, weniger Ruhe- und Lernräumen zu Hause und geringeren Unterstützungsmöglichkeiten durch die Eltern“, sagte Steenken. Das wirke sich messbar auf den Bildungserfolg aus. Dieser hänge in Deutschland weiterhin stark vom Einkommen der Eltern ab.

Der Kinderschutzbund warnt zudem vor gesundheitlichen und sozialen Folgen. Kinderarmut bedeute nicht nur materielle Einschränkungen, sondern gehe häufig mit Stress, sozialer Ausgrenzung sowie gesundheitlichen Risiken einher, teilte Kopelke mit. Viele Kinder hätten keinen ausreichenden Zugang zu gesunder Ernährung, angemessenem Wohnraum oder Vorsorgeangeboten.

Organisationen fordern politische Gegenmaßnahmen

„Wer heute bei Kindern spart, zahlt morgen doppelt – in Form von Fachkräftemangel, gesellschaftlicher Spaltung und Demokratiedefiziten“, sagte Kopelke. Beide Organisationen fordern daher politische Gegenmaßnahmen.

Genannt werden unter anderem höhere Investitionen in Kitas und Schulen, bessere Betreuungsschlüssel, ein kostenfreies Mittagessen sowie die Einführung einer Kindergrundsicherung, die Familien verlässlich vor Armut schützt.

Steenken: „Die lachen über 60-Stunden-Woche von Topmanagern“

Die Landesarmutskonferenz drehe derzeit eine Serie über Alleinerziehende. Geschäftsführer Steenken sagte dazu: „Wenn man sich anschaut, welchen Spagat die täglich machen zwischen Lohnarbeit und Carearbeit, und parallel die Existenznot sieht, dann hat das mit Leistungsgerechtigkeit nichts mehr zu tun.“ Und weiter: „Die lachen über eine 60-Stunden-Woche von Topmanagern.“