Polizeirecht in Berlin Kameras und KI-Einsatz: Änderungen des Polizeigesetzes
Längere Speicherung von Videos, Kameras an öffentlichen Plätzen und KI-Einsatz: die Polizei hat nun mehr Rechte. Grüne und Linke fürchten einen „Überwachungsstaat“.

Berlin - Zur effektiveren Bekämpfung und Verhinderung von Straftaten erhält die Berliner Polizei deutlich mehr Möglichkeiten. Nach langen Debatten in den vergangenen Monaten beschloss das Berliner Abgeordnetenhaus mit den Stimmen der CDU/SPD-Koalition umfangreiche Erneuerungen des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes (ASOG), also des Polizeigesetzes. Die Änderungen umfassten rund 750 Seiten.
Innensenatorin Iris Spranger (SPD) war nicht anwesend, sondern nahm an der Konferenz der Innenminister in Bremen teil. Vertreten wurde sie durch Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler (SPD), der in der Parlamentssitzung betonte, dass für die Sicherheit in Berlin grundlegende Anpassungen an aktuelle Rechtslagen und moderne Technologien notwendig gewesen seien. Es gehe um eine der umfassendsten Reformen überhaupt.
Zu den wichtigsten Änderungen gehören folgende Punkte:
Videoüberwachung von bestimmten Plätzen
- Möglich wird künftig die Videoüberwachung von öffentlichen Orten mit überdurchschnittlich vielen Straftaten. Diese „kriminalitätsbelasteten Orte“ (kbO) sind aktuell Alexanderplatz, Kottbusser Tor, Görlitzer Park/Wrangelkiez, Hermannplatz/Donaukiez, Hermannstraße/Bahnhof Neukölln, Rigaer Straße und Warschauer Brücke. Dabei kann die Polizei auch Computerprogramme mit Künstlicher Intelligenz (KI) einsetzen. Sie sollen erkennen, wenn Menschen sich ungewöhnlich verhalten.
- Die Videos der Überwachungskameras in U-Bahnhöfen, U-Bahnen, Trams und Bussen werden 72 Stunden lang gespeichert. Bisher wurden sie bereits nach 48 Stunden gelöscht. Die Polizei kann die Filme also auch dann noch anfordern, wenn Opfer sich erst später melden.
Mitlesen von Chats und Gesichtserkennung
- Bei der Überwachung von Telefongesprächen und Chats von Verdächtigen, der sogenannten Quellen-Telekommunikationsüberwachung (TKÜ), bekommt die Polizei mehr Möglichkeiten, die aber weitgehend von Richtern genehmigt werden müssen. Zur Verhinderung von terroristischen Anschlägen oder schweren Straftaten im Zusammenhang mit organisierter Kriminalität ist unter manchen Umständen die Online-Durchsuchung von Computern möglich.
- Die Polizei kann bei der Fahndung nach Verdächtigen biometrische Gesichtserkennung einsetzen und damit etwa Fotos im Internet abgleichen. Die Genehmigung durch einen Richter ist erforderlich.
- Bei der Analyse von Datensammlungen können auch selbstlernende KI-Systeme eingesetzt werden.
Mehr Schutz von Frauen vor gewalttätigen Männern
- Zum Schutz von Frauen vor sogenannter häuslicher Gewalt können gewalttätige Männern nun in einem ersten Schritt bis zu 28 Tage aus der Wohnung gewiesen werden. Zudem kann ihr Aufenthaltsort mit einer elektronischen Fußfessel überwacht werden. Die Daten der Frau können besser als bisher gesperrt werden.
- Der sogenannte finale Rettungsschuss ist zulässig. Polizisten dürfen einen Täter dann erschießen, wenn dieser in der unmittelbaren Situation jemanden töten will. Diese Situation war bisher in Berlin nicht gesetzlich geregelt.
Senator Gaebler sagte, die Polizei könne nun besser gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität vorgehen, Frauen besser schützen und Täter schneller fassen. Es gehe nicht um einen übergriffigen Staat, sondern um den Schutz vor übergriffigen Gewalttätern.
Grüne und Linke warnen vor Überwachungsstaat
Grüne und Linke sprachen von einem drohenden Überwachungsstaat durch Kameras und Künstliche Intelligenz (KI). Der Grünen-Innenpolitiker Vasili Franco kritisierte eine „Verabschiedung vom Rechtsstaat“. Das Gesetz schieße weit über das Ziel hinaus und erkläre normale Menschen zum Risiko.
Die Linken warfen dem Senat eine „Datenspeicherung in einem noch nie dagewesenen Ausmaß“ vor. Den Überwachungskameras werde sich niemand entziehen können.
Die AfD sah hingegen zu wenig Möglichkeiten zur Bekämpfung von Kriminalität und kritisierte, CDU und SPD verschwiegen die wahren Ursachen der Kriminalität durch zu viele Ausländer.