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Kamelle-Test zum Karneval Kamelle-Test zum Karneval: Süßes für das Narrenvolk

Von Christian Schafmeister 16.02.2015, 20:35
Alle Hände voll zu tun: Auch beim Rosenmontagsumzug in Halle brachten die Karnevalisten wieder viele Süßigkeiten unters Volk.
Alle Hände voll zu tun: Auch beim Rosenmontagsumzug in Halle brachten die Karnevalisten wieder viele Süßigkeiten unters Volk. Jens Schlüter Lizenz

Halle (Saale) - „Kamelle, Kamelle“, rufen die Jecken in Köln erwartungsfroh, wenn „de Zog kütt“, also sich der Karnevalszug nähert. Doch die Begeisterung für all die süßen Sachen, die von den Narren tonnenweise unter das Volk gebracht werden, ist am Rosenmontag nicht nur im Rheinland groß, sondern auch in Halle. „Ich schätze, dass insgesamt sieben bis acht Tonnen von den Wagen heruntergeworfen worden sind“, berichtet Jörg Schönke, Sprecher des Halle Saalkreis Karneval Vereins.

Wurfware im Großhandel

Der Begriff Kamelle leitet sich ab von Karamelle. Daran erkennt man noch den Ursprung aus der klassischen Bonbonherstellung, bei der karamellisierter Zucker als Grundstoff für die Süßigkeiten verwendet wird. Heute wird die gute alte Kamelle aber immer mehr verdrängt. Und so landen auch beim Rosenmontagumzug in Halle neben Bonbons vor allem Popcorn, Waffeln, Gummibärchen und Spielzeugfiguren in den aufgespannten Regenschirmen oder den mitgebrachten Tüten und Rucksäcken der vielen Narren am Straßenrand. „Die meisten der Vereine kaufen fertige Mischungen im Großhandel“, berichtet Jörg Schönke. Auch im Internet wird die sogenannte Wurfware angeboten - 50 Kilogramm kosten dabei meistens rund 100 Euro.

Als Oberbegriff hat sich die Bezeichnung Kamelle, die 1986 erstmals im Duden auftauchte, jedoch gehalten, erklärt Schönke. In Halle spreche man aber eigentlich nicht von Kamelle, sondern „Schnongs“. Und es kann auch durchaus herzhaft zugehen wie der Zappendorfer Carneval Verein beweist. Die Narren aus dem Saalekreis schmieren nicht nur Fettbemmen für das darbende Volk am Straßenrand in Halle, sondern werfen von ihren Wagen auch Tüten mit Knackern und Bockwürsten herunter. Auf dem Narrenschiff des Nienburger Carneval Clubs geht es dagegen klassisch zu. Dort brutzelt kein Fisch in der Pfanne, dort werden schon vor dem Start des Umzuges viele Beutel mit Süßigkeiten gefüllt, die später am Straßenrand verteilt werden. Und der Chef des Rates der Teutschenthaler Narren warnt: „Noch was für den Marktplatz aufheben, sonst sieht es knapp aus.“

Doch dieser Hinweis ist nicht ganz ernst gemeint, denn mit leeren Händen (und Taschen) muss an diesem Montag keiner nach Hause gehen. Am einfachsten haben es die Mädchen und Jungen in den Kitas an der Wegstrecke. Oft werfen die Narren die Süßigkeiten direkt durch die geöffneten Fenster. Andere Kinder stehen mit ihren Erzieherinnen an der Bordsteinkante und freuen sich über Lutscher und Schokolade. Wer großes Glück hat, bekommt eine Tüte mit einer Figur oder einem Plüschtier zugeworfen. Alles wird sofort eingepackt, direkt verzehrt wird von den Süßigkeiten kaum etwas - man könnte ja die nächste Kamelle verpassen.

Geschenke für die Untertanen

Warum die Kamelle im Karneval eine so große Rolle spielen, ist nicht geklärt. Möglicherweise wollten die Menschen schon früher vor der Fastenzeit noch einmal kräftig zulangen. Überliefert ist, dass der Prinz im 19. Jahrhundert auf einem Triumphwagen wie ein feudaler Herrscher Einzug in die Stadt hielt und Geschenke an die Untertanen verteilte - Bonbons und Blumen. Laut Jörg Schönke reicht die Tradition aber letztlich zurück bis in die griechische Mythologie. „Bereits damals wurden Nüsse und Feigen unter den Menschen verteilt.“

Ein Motivwagen zum Thema Putin und seine Wirtschafts- und Militärpolitik fährt in Düsseldorf beim Rosenmontagszug.
Ein Motivwagen zum Thema Putin und seine Wirtschafts- und Militärpolitik fährt in Düsseldorf beim Rosenmontagszug.
dpa Lizenz