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Harald Glööckler Harald Glööckler: Der Fashion Prinz

Von ELKE RICHTER 23.03.2012, 16:29

Halle (Saale)/MZ. - Als Fan muss man manchmal ganz schön hart im Nehmen sein. Und Stehvermögen beweisen. Erst vor einigen Tagen hat Katja Ertelt das am eigenen Leib erlebt. Auf der Buchmesse in Leipzig. Am Stand des Printsystem Medienverlags. Dort harrte die 21-Jährige drei Stunden inmitten einer erwartungsfrohen Menschentraube aus, bis sie endlich dem Mann gegenüberstand, für den die junge Frau aus Dresden schwärmt.

Seit drei Jahren ist die Studentin für Geschichte und Germanistik ein Fan von Harald Glööckler, derzeit Deutschlands exzentrischster Modedesigner. Und - vom Verkauf her gesehen - hierzulande zudem auch der erfolgreichste. "Bei mir boomt der Business", sagt der schillernde Geschäftsmann mit theatralischer Handbewegung und lässt die Fasanenei großen Ringe funkeln. Der Prince of Fashion, wie sich der 46-jährige Autodidakt gern nennt, hat in rund zwei Jahrzehnten mit Talent, unermüdlichem Fleiß und Hartnäckigkeit aus einem kleinen Jeans-Laden in Stuttgart einen florierenden Millionen-Konzern mit Sitz in Berlin modelliert. Dieter Schroth, sein Geschäfts- und Lebenspartner, half ihm dabei.

Bei öffentlichen Auftritten hält er sich sanft lächelnd im Hintergrund. Während die Galionsfigur Glööckler, zu dessen internationalen flippigen Fashion-Shows Brigitte Nielsen und Gina Lollobrigida kommen, wortgewandt das Zepter schwingt. Und die Aufmerksamkeit an seiner barock ausstaffierten Person genießt. Tätowierte Augenbrauenbalken, aufgespritzte Lippen, rot gesträhnte Hahnenkammfrisur, künstliche Fingernägel, Glitzerrobe - alles "to much", aber immer stimmig - so zeigt sich der öffentliche Harald gern. Auf den großen Schauen in Paris und Mailand, London und New York sucht man den Wahl-Berliner und Selfmade-Man, dessen Markenzeichen eine Krone ist und der jede Frau als Prinzessin betrachtet, allerdings vergeblich.

Die bevorzugte Bühne des gebürtigen Schwaben ist die Mattscheibe. Showtime im Shoppingfernsehen. Da blüht die auf Anerkennung bedachte sensible Künstlerseele auf. Glööcklers Verkaufssendungen sind aufs höchste amüsant und sorgen für Einschaltquoten und königlichen Umsatz. Harald im heimischen Wohnzimmer, das freut die Frauen, die sich gern vom charmanten Dauerredner als Prinzessinnen im Glööckler-Märchenland hofieren lassen. Bei QVC Deutschland, wo der Künstler, Träumer und Visionär drei bis vier Tage im Monat seine "Pompöös"-Mode zu moderaten Preisen an die Frau bringt, hat der passionierte Maler eine treue Fan-Gemeinde. Auch in Österreich und der Schweiz, in Großbritannien und Dubai und sogar im fernen Japan mag man den amüsanten Paradiesvogel aus Deutschland, dem es längst nicht mehr genügt, seine Prinzessinnen von Kopf bis Fuß wahlweise mit Haute Couture oder bodenständiger Mode einzukleiden und sie mit auffälligem Schmuck zu behängen. Längst ist der schrille Schwabe ins traute Heim der Deutschen vorgedrungen - mit bombastisch dekorierter Bettwäsche, Homeware, Decken, Möbeln, Sofakissen und mit Geschirr.

Auch die Vierbeiner hat der Tierfreund und Besitzer von Schmusehündchen Billy King ins Visier genommen. Und rechtzeitig zur Frühjahrsrenovierung in Haus und Wohnung können Liebhaber schwülstig-dramatischer Dekorationen ab April nun auch exklusive Glööckler-Wandbekleidung kaufen. Soll heißen: Prinz Pompöös bringt seine erste Tapetenkollektion auf den Markt. Die traditionsreiche Marburger Tapetenfirma aus Kirchhain, die schon mit namhaften Designern wie Luigi Colani und Philpp Starck zusammenarbeitete, konnte das strasssteinfunkelnde Gesamtkunstwerk aus der deutschen Hauptstadt für eine Zusammenarbeit gewinnen. Entstanden sind 60 Motivrollen, geschmückt mit Pfauenfedern, großen Kronen und kleinen Swarovski-Steinen. "Ganz pompös eben", lacht Marketing-Chef Michael Freiberger, der sich ansonsten über weitere Einzelheiten in Schweigen hüllt. Nur den Preis für eine "Prinzenrolle" will er noch nennen: 50 bis 60 Euro. Der für seine Extravaganz bekannte Glööckler, dessen Botschaft "Luxus für die Masse" runter geht wie Öl, ist ein vielbeschäftigter Mann. Buchvorstellung in Leipzig, TV-Auftritte bei den Shopping-Kanälen in Deutschland und Großbritannien, zwischendurch auch mal quotenbringender Juror bei der Unterhaltungssendung "Let's Dance" und nun wieder Drehtermine für eine neue Doku-Soap. Die soll das Fleisch gewordene Neuschwanstein ganz privat zeigen.

Bei der ersten TV-Doku Anfang diesen Jahres durfte die Fernsehnation miterleben, wie das reale Vorbild für Sacha Baron Cohens Filmfigur "Brüno" mit Freund Dieter Schroth, Zwergspaniel Billy King sowie 100 Sesseln und Stühlen, 30 Sofas, 100 Spiegeln, 40 Kronleuchtern und Hunderten von Kunstgegenständen von Charlottenburg in die standesgemäße Residenz "Unter den Linden" zog. 1 400 Quadratmeter Wohnfläche über den Dächern von Berlin, Terrassen, eigener Aufzug und als Sahnehäubchen das Brandenburger Tor direkt vor der Nase, was will man mehr. Glööckler, dessen Nachname in Wahrheit ein ö weniger hat, will mehr. Den umtriebigen Pompöös-Frontman zieht es jetzt in die USA.

Derzeit laufen Verhandlungen mit TV-Sender, sagt der barocke Fashion-Prinz. Das Multitalent sieht sich schon in den Fußstapfen von Designerkollegen Gianni Versace. Ein Erfolg des liebenswerten Glitzer-Schwaben im glamourverliebten Hollywood scheint denkbar. Auch Glööcklers Wahrsagerin und Begleiterin bei seinen Auftritten, sieht das so. Und seine Fans sowieso. "Der Harald ist so schön bunt. Ich mag seine Kronen", beschreibt Katja Ertelt, was ihr am Meister des Pomp so imponiert. Die junge Frau, vom Shirt über Schmuck bis Bettwäsche, ganz auf Glööckler eingestimmt, beginnt zu schwärmen: "Harald hat genaue Vorstellungen von seinem Leben und die setzt er um. Er passt sich nicht dem Mainstream an. Dass er alles richtig macht, zeigen seine Erfolge." Glööcklers Unternehmen verbucht seit Gründung starke Zuwächse. Tendenz weiter steigend.

In diesem Jahr wird das Repertoire des schrillen Kreateurs in 80 Ländern angeboten. Und vielleicht gibt es auch bald wieder ein neues Buch aus seiner Feder. "Das soll dann den Männern gewidmet sein", verspricht Harald Glööckler und legt seinen Kopf schräg. Etwas Zeit wird wohl noch ins Land gehen bei seinen vielen Projekten. Katja Ertelt hat Geduld.