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Grand Prix Eurovision Grand Prix Eurovision: Türk-Pop erobert Europa

25.05.2003, 12:54

Istanbul/dpa. - Pop-Musik vom Bosporus haben vor ihr schon andere in Europa bekannt gemacht. Mit Tarkan Tevetoglu, dessen Song «Sikidim» Hitparaden in Deutschland und Frankreich eroberte, schwappte Ender der 90er mit viel Hüftschwung eine erste große Welle Türk-Pop über die Grenzen Anatoliens hinaus. Sezen Aksu, einst die türkische Pop-Queen, ließ bereits in den 80er Jahren Tanzböden auch in Berlin-Kreuzberg erbeben. Doch erst der Grand-Prix-Sieg von Sertab Erener in Riga, der erste in 28 Jahren meist doch enttäuschender Beteiligung am Eurovisions-Wettbewerb, hat der Türkei das lang ersehnte offizielle Gütesiegel beschert.

Vergessen ist nach dieser «Nacht wie ein Traum» das Gemäkel türkischer Sprachpuristen am englischen Text des Siegertitels «Everyway That I Can». «Thank you Sertab», schrieb das türkische Massenblatt «Hürriyet» am Sonntag in großen Lettern auf der Seite eins. «Das liegt hinter uns», meinte auch die Siegerin zu dem glücklich ausgestandenen Sprachstreit. «Mit dem ersten Platz haben wir alle überzeugt», sagte die 39-jährige Sertab, die einst als «back vocal» für Sezen Aksu sang und nun ganz vorn im Rampenlicht steht. «Wir haben gewonnen und niemanden mit Schande befleckt.»

Ganz im Gegenteil. Glückwünsche gab es für Sertab, die nicht nur das Publikum in Riga «mit ihrer Stimme und ihrem orientalischen Tanz bezauberte» («Sabah»), von höchster Stelle. Staatspräsident Ahmet Necdet Sezer gratulierte der Siegerin noch in der Nacht zu dem Erfolg, «der uns als Nation mit Stolz erfüllt». Zwar galt «Everway That I Can» in der Türkei durchaus als Favorit. Doch eine Portion ungläubiger Zweifel blieb bis zuletzt. «Auf der Bühne war ich aufgeregt», gestand die Siegerin. «Doch als ich erste wurde, zitterten mir die Knie.»

Und die Türkei war wieder einmal aus dem Häuschen. «Nach dem dritten Platz in der Fußball-Weltmeisterschaft hat die Türkei nach dem Sport nun auch in der Kunst der Welt ihren Stempel aufgedrückt», verkündeten türkische Zeitungen am Sonntag voller Stolz. Fußball und Musik - in der Aufregung vergaßen die Blattmacher die Schönheit. Erst vor fünf Monaten hatte die türkische Miss World 2002, die 21-jährige Azra Akin, mit ihrem gewinnenden Lächeln die Herzen der Nation erobert.

Eine kleine Dosis Politik bot der Gesangswettbewerb auch diesmal. Acht Punkte für die Türkei gab es aus Zypern, erstmals überhaupt in der Geschichte des Grand Prix. Und auch Griechenland steckte nicht zurück und gab sieben Punkte. Die Geste aus Nikosia war deutlich: «Für den Frieden auf Zypern» - dem letzten noch geteilten Land in Europa und dem Jahrzehnte alten Zankapfel zwischen Griechen und Türken. «Besonders herzlich umarme ich die türkischen Landsleute im Ausland», sagte dagegen die Siegerin, wohl bewusst, dass wohl die Stimmen der türkischen Gemeinde in Europa den Ausschlag gegeben haben. Volle Punkte gab es für die Türkei aus den Niederlanden, Belgien und Österreich. Dass es aus Deutschland nur zehn waren, dürfte an der deutschen Einlage im polnischen Beitrag der Band Ich Troje gelegen haben, der sich die zwölf Punkte holte.