Ermittlungen Gewalt, Drogen, Gebet - was war das Motiv der ICE-Attacke?
Ein mit einem Hammer und einem Beil bewaffneter Mann greift mehrere Passagiere in einem ICE an. Einen Tag später haben die Ermittler neue Erkenntnisse - aber auch viele offene Fragen.

Straßkirchen - Nach dem Angriff eines Mannes auf Fahrgäste in einem ICE in Niederbayern haben Ermittler erste Anhaltspunkte für mögliche Motive. Ein Drogenschnelltest habe Hinweise auf drei Betäubungsmittel im Blut des 20 Jahre alten Syrers ergeben, sagte Oberstaatsanwalt Thomas Rauscher von der Staatsanwaltschaft Regensburg bei einer Pressekonferenz in Straubing. Es sei nicht auszuschließen, dass der Angriff durch eine drogenbedingte Psychose ausgelöst worden sei. Das Motiv sei derzeit aber noch unklar.
Zeuge will die Worte „Allahu Akbar“ gehört haben
Die Ermittler stehen laut Rauscher auch im Austausch mit der Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus der Generalstaatsanwaltschaft München. Laut der Aussage eines Zeugen soll der Mann vor dem Angriff mit einem Zimmererhammer gebetet und die Worte „Allahu Akbar“ gesprochen haben.
Die Ermittler gehen bislang davon aus, dass der Mann allein gehandelt hat. Auch einen expliziten Extremismusverdacht gebe es noch nicht, der Mann sei bisher nicht für staatsschutzrelevante Vorfälle bekannt.
Verdächtiger sollte Schutzstatus wegen Gewaltdelikten verlieren
Für die Behörden in Österreich, wo der 20-jährige Syrer wohnte, war der Mann aber dennoch kein Unbekannter. Nach zwei rechtskräftigen Verurteilungen wegen schwerer Körperverletzung und versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt im Februar und Ende April 2025 sei im Mai ein Asyl-Aberkennungsverfahren gegen den Mann eingeleitet worden, teilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in Wien mit. Der Verdächtige hatte demnach 2021 in Österreich einen Asylantrag gestellt und 2022 einen Schutzstatus erhalten.
Untersuchungshaft wegen Verdachts auf Mordversuch beantragt
Nach dem Angriff mit vier verletzten Fahrgästen werde nun wegen versuchten Mordes in zwei Fällen und gefährlicher Körperverletzung gegen den Mann ermittelt, sagte Oberstaatsanwalt Rauscher. Die Ermittler hätten Untersuchungshaft für den 20-Jährigen beantragt. Dieser liege allerdings selbst noch mit schweren Verletzungen im Krankenhaus - daher sei unklar, wann ein möglicher Haftbefehl eröffnet und der Verdächtige in ein Gefängnis gebracht werden könne.
Die Verletzungen hatte der Angreifer laut den Ermittlern erlitten, weil sich seine Opfer gegen die Attacke wehrten - mit Hilfe von anderen Passagieren, die couragiert eingriffen. Darunter sei auch ein uniformierter Bundeswehrsoldat gewesen, sagte der niederbayerische Polizei-Vizepräsident Werner Sika. Einer der Angegriffenen, ein 24 Jahre alter Syrer, habe dem Verdächtigen zudem den Hammer abnehmen können und ihn damit wiederum verletzt. Man gehe davon aus, dass der 24-Jährige in Notwehr gehandelt habe, sagte Oberstaatsanwaltschaft Rauscher.
Fahrgast wollte vor Angriff wohl Notruf absetzen
Bei der Attacke am Donnerstagnachmittag in dem Zug mit etwa 430 Fahrgästen von Hamburg nach Wien waren neben dem 24-Jährigen zwei weitere syrische Staatsangehörige im Alter von 15 und 51 Jahren verletzt worden sowie ein 38 Jahre alter Deutscher.
Der Angreifer war laut Stefan Schillinger, leitender Kriminaldirektor beim Polizeipräsidium Niederbayern, während der Zugfahrt schon auffällig geworden. Als der 38-jährige Deutsche einen Notruf absetzen wollte, habe der 20-Jährige seine Mitreisenden angegriffen. Zunächst war die Polizei von leichten Verletzungen bei den vier Opfern ausgegangen. Mehrere Verletzte mussten aber nach dem Angriff im Krankenhaus behandelt werden. In Lebensgefahr ist den Ermittlern zufolge derzeit niemand.