1. MZ.de
  2. >
  3. Panorama
  4. >
  5. Gesellschaft: Gesellschaft: Gesichtsabgüsse liegen im Trend

Gesellschaft Gesellschaft: Gesichtsabgüsse liegen im Trend

Von Dietmar Telser 10.03.2005, 07:37
Der Bestatter Thomas Katins vom Bestattungsinstitut Stühmer in Bremen zeigt nach seiner Ausbildung zum Erstellen von Totenmasken eines seiner Übungsstücke (Foto vom 08.02.2005). Dabei handelt es sich um die Lebendmaske seines eigenen Antlitzes, die er gegossen und endbearbeitet hat. Seit November 2004 fertigt das Unternehmen im Norden der Hansestadt auf Wunsch Gesichtabgüsse von Verstorbenen an. Bundesweit gibt es rund 150 Bestatter, die diesen ungewöhnlichen Service anbieten. Die Masken werden mit einem Spezialkunststoff abegnommen und dann in Gips oder Bronze angefertigt. (Foto: dpa)
Der Bestatter Thomas Katins vom Bestattungsinstitut Stühmer in Bremen zeigt nach seiner Ausbildung zum Erstellen von Totenmasken eines seiner Übungsstücke (Foto vom 08.02.2005). Dabei handelt es sich um die Lebendmaske seines eigenen Antlitzes, die er gegossen und endbearbeitet hat. Seit November 2004 fertigt das Unternehmen im Norden der Hansestadt auf Wunsch Gesichtabgüsse von Verstorbenen an. Bundesweit gibt es rund 150 Bestatter, die diesen ungewöhnlichen Service anbieten. Die Masken werden mit einem Spezialkunststoff abegnommen und dann in Gips oder Bronze angefertigt. (Foto: dpa) dpa

Bremen/Düsseldorf/dpa. - Seit November 2004 fertigt das Unternehmen auf WunschGesichtsabgüsse von Gestorbenen an. Bundesweit bieten rund 150Bestatter diesen ungewöhnlichen Service an, schätzt derGeneralsekretär des Bundesverbandes Deutscher Bestatter inDüsseldorf, Rolf Lichtner.

Bei Stühmer werden Masken aus Gips oder Bronze angeboten. ThomasKatins macht dabei zunächst ein Foto von dem Toten. So können späterFalten oder Barthaare exakt nachgeformt werden. Mit einer Spritzdüseträgt er dann eine Silikonmasse auf. «Das Material hinterlässt dabeikaum Spuren auf dem Körper», sagt er. Bei normalem Gips entstehedagegen Staub, Haare des Toten würden verklebt, Rückstände könntensich in den Hautporen festsetzen.

Die getrocknete Silikonmaske wird als «Positiv» an das Institut«Körper & Form» in Solingen geschickt, wo es ausgegossen undbearbeitet wird. Das Erinnerungsstück kommt schließlich per Post zuden Kunden.

Die Tradition dieser Form des Erinnerns an Tote ist uralt. Bereitsim achten Jahrtausend vor Christus wurden nach den Forschungen vonArchäologen Totenschädel in Gips modelliert. Als Augen wurdenMuscheln eingesetzt. Im alten Rom dienten die Abdrucke als Vorlagenfür Steinbüsten. Professionelle Darsteller trugen die Masken bei derTrauerprozession. In Ägypten wurden Totenmasken aus Gold angefertigtund sollten der Seele des Verstorbenen helfen, den alten Körperwieder zu erkennen.

Auch in Deutschland haben Totenmasken eine lange Tradition. VonReformator Martin Luther wurde ebenso eine angefertigt wie vompreußischen König Friedrich dem Großen, den Dichtern FriedrichSchiller und Heinrich Heine oder vom Komponisten Ludwig vanBeethoven.

Über die heutige Nachfrage gibt es keine verlässlichen Angaben.Bekannt ist, dass zum Beispiel von Beate Uhse, der Gründerin desgleichnamigen Erotikkonzerns, auf diese Weise ein letztes Bildniserstellt wurde. Insgesamt ist die Nachfrage nach Schätzung desBestatterverbandes aber sehr begrenzt. «Totenmasken haben in unsererErinnerungskultur wenig Platz», meint Generalsekretär Lichtner. Nochsei das Grabmal der wichtigste Ort des Gedenkens.

«Wenn Interessenten den Preis hören, winken viele ab», hatBestatter Volker Stühmer beobachtet: «Mindestens 800 Euro müssen füreinen Abdruck bezahlt werden.» Gerade nach der Streichung desSterbegeldes Anfang 2004 seien die Kunden noch sparsamer geworden.«Es fehlt auch einfach noch ein Bewusstsein, dass es so ein Angebotgibt», sagt Bestatterin Dagmar Fauvel in Otterndorf (Kreis Cuxhaven).Auch sie bietet die Masken seit Ende vergangenen Jahres an. Verkaufthat sie allerdings noch keine.