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Gastronomie Gastronomie: Die «Kakadu-Bar» in Dresden wird wiedereröffnet

Von Jörg Schurig 15.02.2006, 09:06
Die neuen Betreiber der Dresdner Kakadu-Bar, Reni Wild (r.) und Ulf Neuhaus, sitzen in der im Stil der 1960er Jahre renovierten Tanzbar im Parkhotel Weißer Hirsch. (Foto: dpa)
Die neuen Betreiber der Dresdner Kakadu-Bar, Reni Wild (r.) und Ulf Neuhaus, sitzen in der im Stil der 1960er Jahre renovierten Tanzbar im Parkhotel Weißer Hirsch. (Foto: dpa) dpa-Zentralbild

Dresden/dpa. - Denn einen Tag nach der offiziellen Deutschland-Premieredes Kinofilms «Der rote Kakadu» von Dominik Graf wird am wichtigstenDrehort die legendäre Dresdner Kakadu-Bar wiedereröffnet - mitInventar der 1960er Jahre sowie Speisekarte in Ost- und Westformat.

Ein wenig verrückt muss man für ein solches Projekt sein, räumendie Betreiber freimütig ein. «Eine Nachtbar auf 800 QuadratmeterFläche ist wie ein Schiff. Das ist, als würden wir die Titanic wiederheben», sagt der Geschäftsführer der Kurhaus und Parkhotel WeißerHirsch GmbH, Piet Oehmichen. 500 000 Euro hat die GmbH investiert. DieSuche nach Interieur avancierte zur Reise in die Vergangenheit. Nurwenige Originale aus realsozialistischer Zeit blieben erhalten.

Seit 1952 gehörte die «Kakadu-Bar» im noblen Dresdner Stadtteil«Weißer Hirsch» zu den angesagten Adressen der Szene. Ob die Partysimmer so heiß waren wie im Film, mag bezweifelt werden. Die Bar legteWert auf Etikette. «Eine Kleiderordnung war vorgeschrieben, Jeans,Kordhosen oder Turnschuhe zählten nicht dazu», erinnert sich Ex-Kellner Steffen Ludwig an die einstigen Glanzzeiten. Allerdings sei esgerade in den hinteren Räumen bisweilen heftig zur Sache gegangen.

Ludwig zeigt auf einen Raum, der im unverkrampften ostdeutschenSprachgebrauch «Befruchtungszimmer» hieß. «Die Peep-Show habeneigentlich wir erfunden», meldet der 58-Jährige nachträglich einPatent «Made in GDR» rpt GDR an. Freilich lief die nackte Wahrheitnicht unter den Augen der allgemeinen oder berufsbedingt wachsamenÖffentlichkeit ab. «Man musste schon wissen, wann da was ablief.»Oehmichen geht davon aus, dass viele hier den Bund fürs Leben fanden.

Ein Hauch von Exklusivität wehte stets durch die Kakadu-Bar. 60Prozent der Eintrittskarten gingen in den Vorverkauf, bei dem es meistWarteschlangen gab. Der Rest war für Stammkundschaft oder Prominentereserviert. Auch heute noch bekannte Fußballer von Dynamo Dresdenlehnten manchmal am Tresen. Schlagersänger und Musiker aus dem Ostenwählten das Lokal, weil sie nach feuchtfröhlicher Nacht ihre Häupterzwei Etagen weiter oben im Parkhotel betten konnten.

Bis zu 400 Menschen füllten von montags bis samstags die Tanzbar.Ab den 1970er Jahren ersetzten mehr und mehr Discjockeys die Live-Bands. Wenn Alkohol die Gemüter erhitzt hatte oder Gäste die Zecheprellten, kam der bareigene Sicherheitsdienst zum Einsatz. «Da gab esschon mal Haue», beschreibt Ludwig den Ernstfall. Sonst ging aberalles seinen sozialistischen Gang. Paare teilten sich ins übliche«Herrengedeck»: Die Männer tranken das Bier, die Frauen den Sekt.

Zur Wende war die Party urplötzlich zu Ende. «Wir saßen über Nachtin einer fast leeren Bar», schildert Steffen Ludwig das Finale. AlsOehmichen später mit der GmbH im Parkhotel einstieg, wurde er immerwieder von Dresdnern auf die geliebte Lokalität angesprochen. Manchehätten den Wunsch nach Wiedereröffnung mit drohendem Untertonformuliert. «Wir haben eine halbe Million investiert und hoffen, mansieht es nicht», sagt der Geschäftsführer.

Denn erfahrene «Kakadu»-Fans sollen das Flair der alten Bar anjeder Tischecke spüren. Mit Reni Wild und Ulf Neuhaus wurde ein Chef-Duo engagiert, das optisch gut zur Szene passt. Fortan werden dieGäste Vertrautes wiederfinden und Neues entdecken. Koch Jens Retschkehält neben mediterraner Küche Typisches aus DDR-Zeiten bereit.«Zigeunersteak» wird genauso serviert wie «Fruchtkaltschale mitWaffelbruch» oder die Dose Ölsardinen mit zwei Scheiben Toastbrot.