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Freizeit Freizeit: Aushilfsjobs aus dem Kaugummiautomaten

Von Irena Güttel 21.07.2008, 06:08
Japanische Mädchen stehen in Tokio lächelnd vor bunten Automaten. In Japan, dem Land der Automaten, gibt es nichts, das nicht aus den großen Metallkästen gezogen werden kann. (Foto: dpa)
Japanische Mädchen stehen in Tokio lächelnd vor bunten Automaten. In Japan, dem Land der Automaten, gibt es nichts, das nicht aus den großen Metallkästen gezogen werden kann. (Foto: dpa) dpa-Zentralbild

Hamburg/dpa. - Früher hingen die Spender an fast jeder Straßenecke, heute sind siezu einem seltenen Anblick geworden. Stattdessen stehen nun überallAutomaten, die gleich mehrere Sorten Süßigkeiten, Limonaden oderheiße Getränke anbieten. Bahnhöfe, Flughäfen, Kantinen, Rastplätzeund Freizeitparks wären ohne sie undenkbar. Doch der Trend zumautomatischen Verkauf macht selbst vor Gebetbüchern, Würmern zumAngeln, Regenschirmen, Werkzeug oder warmen Frikadellen nicht Halt.

In Japan, dem Land der Automaten, gibt es nichts, das nicht ausden großen Metallkästen gezogen werden kann: lebende Käfer, heißerSake aus Dosen und getragene Mädchenschlüpfer. «Was die überAutomaten verkaufen, ist schon fast beängstigend», meint MiekeFeldmann vom Bundesverband der Deutschen Vending-Automatenwirtschaft(BDV) in Köln. Doch Deutschland holt langsam auf. Knapp 500 000Getränke- und Speise-Automaten stehen mittlerweile zwischen Nordseeund Alpen, allein im vergangenen Jahr kamen rund 38 000 neue dazu.

Verantwortlich dafür ist die To-Go-Kultur. «Der schnell lebigeMensch möchte da versorgt werden, wo er ist», erklärt Feldmann dieseEntwicklung. Und das heißt schon längst nicht mehr abgepackte Snacksund schnöder Kaffee mit Milchpulver. Mittlerweile gibt es Automaten,die Pommes oder Heißwürstchen zubereiten. Ein Unternehmen aus Neu-Isenburg produziert sogar Geräte, die frische Spaghetti mit Tomaten-,Basilikum oder scharfer Soße kochen.

Auch andere Nützlichkeiten gibt es aus dem Automaten. ZumSonntagsbraten bei Oma eingeladen und nicht an die Blumen gedacht?Kein Problem: Auf vielen Bahnhöfen, vor Blumengeschäften oder inKrankenhäusern können Vergessliche frisch gebundene Sträuße ausAutomaten ziehen. In Großbritannien liefert ein anderer Apparat ineinigen Kliniken auch gleich die passende Vase dazu. Auf einemFriedhof im niederrheinischen Vierden gibt es auf KnopfdruckGrabkerzen, auf dem Hamburger Flughafen Mini-Zahnbürsten, auf derNordseeinsel Sylt Strandlektüre und im regnerischen Bergen inNorwegen praktischerweise Schirme.

Selbst ein platter Reifen bedeutet dank Automaten nicht mehr dasEnde einer Fahrradtour. Der Reifenhersteller Continental hatbundesweit rund 400 ausgemusterte Zigarettenautomaten beiFahrradhändlern und an beliebten Strecken aufgestellt, derenSchubfächer mit den sechs gängigsten Schlauchgrößen gefüllt sind.Auch in Österreich, Italien, Ungarn, Slowenien, in der Schweiz und inden Niederlanden stehen die Notfall-Kästen. «Die Idee dahinter war,Service rund um die Uhr zu bieten», erklärt Vertriebsleiter FredSchierenbeck.

Allzeit bereit ist auch das Motto des Slip-o-Maten. Sollte derAbend unvorhergesehen mit einem heißen Flirt enden, kann Frau auf derToilette von Bars in Stuttgart und Berlin schnell den Baumwoll-Liebestöter gegen einen schwarzen String tauschen. Während sichFrauen in Irland mit Parfüm aus Automaten für ein Date präparieren,ziehen Männer schnell noch Kaugummi und Kondome. Auch auf Mallorcahelfen die Maschinen beim Flirten: In zahlreichen Kneipen und Clubsgibt es Sexualduftstoffe für Männer, die die Frauen betören sollen.

In Frankfurt verschaffen Automaten Studenten sogar einen Job.Jeden Morgen können sie im Studentenwerk eine Kugel ziehen, derenNummer ihnen mit Glück einen der begehrten Aushilfsjobs zuweist. «Dasist ein uralter Kaugummi-Automat», sagt die studentische HilfskraftFranziska Dallinger. «Der hängt hier bestimmt schon seit 30 Jahren.»Ganz aus der Mode gekommen sind sie also nicht, die guten, altenKaugummi-Automaten.

Eine Frau und ein Mädchen kaufen im Jahr 1962 in Hannover an einer so genannten Frisch-Eier-Tankstelle einen Karton mit frischen Hühnereiern. (Foto: dpa)
Eine Frau und ein Mädchen kaufen im Jahr 1962 in Hannover an einer so genannten Frisch-Eier-Tankstelle einen Karton mit frischen Hühnereiern. (Foto: dpa)
dpa
Auf der Frühjahrsmesse in Frankfurt am Main im Jahr 1955 wird ein neuer Automat für Dosenbier vorgestellt. (Foto: dpa)
Auf der Frühjahrsmesse in Frankfurt am Main im Jahr 1955 wird ein neuer Automat für Dosenbier vorgestellt. (Foto: dpa)
dpa