Flugzeugabsturz am Bodensee Flugzeugabsturz am Bodensee: Lotse bekennt Mitverantwortung am Unglück

Moskau/Zürich/dpa. - Gegen den Lotsenwird wegen fahrlässiger Tötung in 71 Fällen ermittelt. «Ich traueremit den Angehörigen und drücke ihnen mein tief empfundenes Beileidaus», schreibt der Flugverkehrsleiter in einer Stellungnahme, dieskyguide am Samstag der Schweizer Nachrichtenagentur sda zukommenließ. Der Lotse schreibt, besonders betroffen mache ihn, dass vieleKinder ihr Leben lassen mussten. «Als Vater ahne ich, dass dieserVerlust eine Lücke hinterlässt, die auch in Zukunft schmerzen wird.»
In dieser Nacht sei er Teil gewesen eines Netzwerks von Menschen,Computern, Überwachungs-, Übermittlungsgeräten und Regelungen,schreibt er weiter. Alle diese Teile müssten nahtlos und fehlerfreizusammenarbeiten und aufeinander abgestimmt sein. «Der tragischeUnfall zeigt, dass in diesem Netzwerk Fehler aufgetreten sind.» AlsFlugverkehrsleiter sei es seine Aufgabe und Verpflichtung, solcheUnfälle zu verhindern. Den Behörden wolle er rückhaltlos über dieGeschehnisse vor dem Zusammenstoß Auskunft erteilen. Er habe bereitsvor der Deutschen Bundesstelle für Flugunfalluntersuchungen (BFU) inBraunschweig ausgesagt.
Bei den Ermittlungen stießen Fahnder nach einem «Focus»-Berichtauf eine bislang unbekannte Zeugin, die sich im Kontrollraum vonskyguide aufgehalten haben soll. Der zuständige BezirksanwaltBernhard Hecht aus dem schweizerischen Bülach sagte demNachrichtenmagazin: «Was sie dort tat, welche Aufgabe sie hatte, obsie die einzige intakte Telefonleitung belegte oder ob sie dieFluglotsen ablenkte oder was auch immer, das wissen wir noch nicht.»Sowohl bei skyguide, bei der BFU als auch bei der Bezirksanwaltschaftgab es dafür am Wochenende aber keine Bestätigung. Bisher hatteskyguide erklärt, lediglich zwei Lotsen hätten sich an denentsprechenden Kontrollbildschirmen aufgehalten, von denen einerabsprachegemäß vor dem Kollisionszeitpunkt Pause gemacht habe.
Unterdessen berichteten Schweizer Medien am Wochenende, dass esbei skyguide immer wieder Schwierigkeiten mit der Technik, denArbeitsabläufen und der Arbeitsorganisation gegeben habe.Verbesserungen, um etwa den Stress der Lotsen abzubauen, seien wiederabgeschafft worden, berichtete die «SonntagsZeitung». AuchVerkehrsminister Kaspar Leuenberger räumt ein, dass es bei derSicherung des Flugverkehrs in der Schweiz Mängel gibt. «DieZusammenarbeit zwischen Fluguntersuchung, Flugsicherung und demBundesamt für Zivilluftfahrt kann und muss verbessert werden», sagteer dem «SonntagsBlick».
Im Zentrum des russischen Ufa versammelten sich am Samstagmorgenmehrere Tausend Menschen, um der Opfer zu gedenken. «Kein Wort kanndas Leid und die Trauer beschreiben, die diese Tragödie bei unserenFamilien ausgelöst hat», sagte Baschkiriens Republiks-PräsidentMurtasa Rachimow. Als Vertreter des russischen Präsidenten sagteFöderationsrats-Vorsitzender Sergej Mironow den Hinterbliebenen: «IhrSchmerz ist unermesslich, Ihr Verlust ist unwiederbringbar.»
Der Schweizer Bundespräsident Kaspar Villiger hatte seine Reise zuden Trauerfeiern wegen Sicherheitsbedenken abgesagt. Die Emotionenseien dort in einem Maß gestiegen, dass die Sicherheit vor Ortgefährdet wäre, hieß es in einer Erklärung des Finanzministeriums,das Villiger als Minister leitet.
