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Fernsehen Fernsehen: Paul Potts Erbin singt sich in die Herzen der Briten

Von Thomas Pfaffe 16.04.2009, 16:10
Die Schottin Susan Boyle bei ihrem Auftritt in der Nachwuchs-Show «Britain's got Talent». (FOTO: DPA)
Die Schottin Susan Boyle bei ihrem Auftritt in der Nachwuchs-Show «Britain's got Talent». (FOTO: DPA) Ken McKay

London/dpa. - Diese Susan Boyle (47) muss anhemmungsloser Selbstüberschätzung leiden, war auf den ungläubigenGesichtern im Saal abzulesen. Eine Frau mit Doppelkinn, breitenHüften, einem eckigen Gesicht und unmodernem Kleid träumt voneiner Karriere als Sängerin und hofft bei der britischen Casting-TV-Show «Britain's got Talent» auf ihre Entdeckung.

Genervte Blicke bei der Jury. Kichern im Publikum. Und als JurorSimon Cowell, der Dieter Bohlen des Königreichs, auch noch vollerHäme fragte, warum es wohl bislang mit der Karriere nichts wurde,hatte er die Lacher auf seiner Seite. Und dann fing Susan Boyle an zusingen. Und verzauberte den Saal und Millionen Menschen an denFernsehbildschirmen.

Es dauerte keine zwei Sekunden. Als Susan Boyle das Lied «Idreamed a dream» aus dem Musical «Les Miserables» anstimmte, rissendie Juroren die Augen auf oder ließen verblüfft das Kinn hängen. Einpaar Sekunden später brandete Jubel beim Publikum im Saal auf, dieMenschen sprangen aus ihren Sesseln und brüllten vor Begeisterung.Juror Cowell lächelte selig verträumt, seine Kollegin Amanda Holdenmusste schlucken und gegen die Tränen kämpfen. Susan Boyle sang wieeine begnadeter Profi, der eher auf den Bühnen der Welt zu Hause iststatt arbeitslos in Schottland zu sitzen.

Und Erinnerungen an einen ähnlichen Auftritt vor zwei Jahrenwurden wach. In derselben Show war damals ein Handy-Verkäufer namensPaul Potts aufgetreten. Klein, untersetzt, mit schiefen Zähnen trater an, um Opernsänger zu werden. Und damals wie heute das gleicheMuster. Aus abschätzigen Bemerkungen der Jury wurde rasendeBegeisterung. Potts wurde Werbestar, nahm eine Platte auf und tourtnun durch die Welt.

Vielleicht hatte Jurorin Holden auch diese Überraschung im Kopf,als sie Asche auf ihr Haupt streute und nach Boyles Auftritt bei derVorausscheidung der Casting-Show sagte: «Jeder war gegen Dich. Wirsind alle zynisch. Das war der größte Weckruf aller Zeiten. Es warein Privileg, Dir zuzuhören.» Das Urteil der Jury war eindeutig: Eineinzigartiger Auftritt, das Erreichen der nächsten Runde stand außerFrage.

Dabei war Boyle, die von sich selbst sagt, noch nie geküsst wordenzu sein und schon als Kind wegen ihres Äußeren gehänselt wurde, mitihrem Auftritt gar nicht so zufrieden: «Es heißt ja, Fernsehen lässteinen fett aussehen. Und das stimmt auch. Ich sehe wie eine Garageaus. Ich wusste nicht, dass ich Menschen zu Tränen rühren kann, undich hoffe, das lag nicht daran», sagte sie mit selbstironischem Blickauf ihr Äußeres der Zeitung «Mirror».

Und so wurde aus Susan Boyle aus dem Örtchen Blackburn unweit vonEdinburgh, die bisher nur in Chören, kleineren Clubs oderKaraoke-Wettbewerben sang, über Nacht ein Star. Buchmacher handelndie 47-Jährige als Siegerin des Wettbewerbs, millionenfach wurde dasVideo ihres Auftritts im Internetportal Youtube angeklickt. SogarHollywood-Schauspielerin Demi Moore gab sich öffentlich via Twitterals Fan zu erkennen und sagte nach dem Auftritt: «Das hat mit denAbend versüßt.»