Fernsehen Fernsehen: Alfred Biolek passt nicht in eine Schublade
Köln/dpa. - Wäre Alfred Biolek ein Mann, der sich auf Erfolgen ausruht - die Fernsehzuschauer hätten ihn wohl nie zu Gesicht bekommen. Denn der Jurist mit Doktortitel wurde schon mit 29 JahrenJustiziar beim ZDF. Und auch als Produzent machte «Bio» Karriere, zum Beispiel mit Rudi Carrells Showhit «Am laufenden Band». Aber Biolek ruhte sich nicht aus. Er wechselte die Seiten und ging vor die Kamera. In «Bio's Bahnhof» und «Boulevard Bio» fuhr er als Gastgeber Traumquoten für die ARD ein. Heute konzentriert sich Biolek, der am 10. Juli 70 Jahre alt wird, auf seine Koch-Show «alfredissimo!»
Aber immer noch wäre es unmöglich, ihn in eine Schublade zustecken. Talkmaster und Fernsehkoch sind die Rollen, die dem breitenPublikum zu Biolek einfallen. Dass er mit seiner Firma die Talk-Showseiner Nachfolgerin Sandra Maischberger im Ersten produziert, dass eran der Kunsthochschule für Medien lehrt und am Kölner Restaurant«Alter Wartesaal» beteiligt ist, macht dagegen keine Schlagzeilen.
Alfred Franz Maria Biolek wurde am 10. Juli 1934 als Sohnkatholischer Eltern in Freistadt geboren, das heute zu Tschechiengehört und Karvina heißt. Nach der Vertreibung lebte die Familie inWaiblingen bei Stuttgart. Als Gymnasiast ging Biolek für ein Jahr alsAustauschschüler in die USA. Nach dem Abitur studierte er Jura inFreiburg, München und Wien und machte danach beim ZDF, der MünchnerProduktionsfirma Bavaria und dem Westdeutschen Rundfunk Karriere.
Zu Bioleks Markenzeichen wurde das kultivierte Gespräch. Er kannPrivates ansprechen und Intimes, ohne dass es in Voyeurismusabrutscht. Er respektiert einen Mindestabstand zu seinen Gästen undunterhält doch ein Millionenpublikum. 1977 stand Biolek mit DieterThoma im «Kölner Treff» als Talker vor der Kamera, schon ein Jahrspäter folgte der inzwischen legendäre «Bahnhof».
Er habe damals einen originellen Raum gesucht, sagt Biolek heute.Dass dann ein Bahnhof zur Kulisse für seine Show wurde, war für ihnein glücklicher Zufall. Denn ein Bahnhof, meint Biolek, sei derInbegriff des Ortes, an dem sich Menschen mischen. «Da kommt derOrient-Express, da steigen die feinen Leute aus, und gegenüber, aufdem selben Bahnsteig, ist der Arbeiterzug. Und genau so war es hier,vom Weltstar bis zu völlig unbekannten neuen Künstlern.»
Zu den Weltstars zählte Sammy Davis jr., und er lobte «Bio» füreine erstklassig gemischte Show. Dass Sting und Kate Bush einmalGeheimtipps waren, ist heute kaum noch vorstellbar, aber bei «Bio»traten beide in der Frühzeit ihrer Karriere auf. Und noch einNachwuchstalent kam in den «Bahnhof», im Herbst 1980: Anke Engelke.Nun moderiert sie zusammen mit Hape Kerkeling die Geburtstagsshow fürBiolek, die am 10. Juli um 20.15 Uhr im WDR Fernsehen läuft.
Aufgezeichnet wurde sie im Bahnhof von damals, heute einFliesengroßhandel. Für Engelke, mittlerweile selbst Talkerin, war eskeine Frage, dass sie mitmacht bei der «Bio-Show» zum Siebzigsten:«Weil mein Auftritt bei ihm damals einer meiner aufregendsten TV-Momente war und die Sendung meine absolute Lieblingsshow war und ist- sinnvoll, anspruchsvoll, mutig, aufregend.»
Nach «Bio's Bahnhof», «Bei Bio» und «Mensch Meier» kam 1991«Boulevard Bio». Helmut Kohl und Gerhard Schröder, Edmund Stoiber undGünter Grass waren dort zu Gast, aber viele Fans meinen, dass Grimme-Preisträger «Bio» die interessantesten Gespräche mit eher unbekanntenMenschen führte. Heute tritt Biolek nur noch mit «alfredissimo!» insScheinwerferlicht - oder wenn er, zum Beispiel mit Barbara Becker,seinen Bekanntheitsgrad für den Kampf gegen Aids in Afrika einsetzt:«Ohne Prominenz kann man heute ja nichts mehr erreichen.»