Ermordetes Mädchen aus Sachsen Ermordetes Mädchen aus Sachsen: Eine ganze Region trauert um Anneli

Klipphausen - Die Trauer um die entführte und ermordete Anneli aus Sachsen sowie Schock und Betroffenheit über das brutale Verbrechen an der 17-Jährigen halten an. Die von der Familie eingerichtete Trauerseite füllt sich fast im Minutentakt, in ihrem Gymnasium ist binnen Stunden ein Kerzenmeer entstanden. Und auch vor ihrem Elternhaus und dem Fundort ihrer Leiche häufen sich Blumen, Lichter und Andenken. „Es kommen immer wieder Menschen, die Kerzen entzünden und in die Kondolenzbücher eintragen“, sagt Pfarrer Bernd Oehler von der Meißner Kirchgemeinde St. Afra, zu der die Familie gehört. „Das Entsetzen hält an, viele suchen Trost und beten.“
Hunderte Gäste zur Trauerfeier erwartet
Den schwersten Gang haben Eltern und Geschwister noch vor sich: die große Trauerfeier und die Beisetzung am Samstag (29. August). „Es ist eine ungeheure Zumutung für sie, Abschied nehmen zu müssen“, sagt Pfarrer Oehler, der den letzten Akt in Sora, wenige Kilometer von Annelis Zuhause entfernt, organisiert. Er und der dortige Pfarrer Christoph Rechenberg rechnen mit mehr als den 350 Gästen, die die kleine Kirche fassen kann. „Trauerrede und Gesänge werden außen zu hören sein“, sagte Oehler. Schon bei der Andacht am vergangenen Freitag war das Gotteshaus voll. „Manche haben nicht die Kraft, angesichts des Sarges nochmals in die Kirche zu kommen“, sagt Pfarrer Rechenberg.
Fotografen, TV-Kameras und Presse sind weder in der Kirche noch auf dem Friedhof erwünscht. Die Gymnasiastin war am 13. August von zwei Männern auf einem Feldweg in der Nähe ihres Elternhauses in Robschütz entführt worden. Kurz darauf verlangten die Täter in einem Anruf mit Annelis Handy 1,2 Millionen Euro Lösegeld von ihrem Vater. Eine Geldübergabe scheiterte, weil die Erpresser nach Einschätzung der Strafverfolgungsbehörden überfordert waren. Die mutmaßlichen 61 und 39 Jahre alten Täter befinden sich in Untersuchungshaft. Die Ermittlungen zu Todesursache und -zeitpunkt laufen noch.
Tagelang hatten rund 1200 Beamte im Gebiet der Gemeinde Klipphausen nach Anneli gesucht. Die beiden Tatverdächtigen wurden in Dresden und nahe Bamberg (Bayern) festgenommen. Der ältere Beschuldigte hatte ein Teilgeständnis abgelegt und den Hinweis auf den Fundort der Leiche in einem leerstehenden Bauernhof im Nachbarort Lampersdorf gegeben, in dem der 39-Jährige vor seinem Wegzug nach Bayern noch mit Frau und zwei Kindern gelebt hatte.
Betroffenheit und Fassungslosigkeit unter Mitschülern und Lehrern
Annelis Welt war farbenfroh, ansteckend lebendig, stets begleitet von Musik und ihren Freunden, schreibt die Familie unter den Fotos auf ihrer Gedenkseite. Sie spielte Klavier, liebte Bücher, deutschen Pop und Elton John, war stets um ihre Mitmenschen bemüht und wollte nach dem Abitur 2016 in Richtung Sprachstudium gehen. Enge Freunde haben zum Auftakt des neuen Schuljahres am Nossener Gymnasium ein Lied von Linkin Park gespielt, das ihr gefiel - mit Klavier, Gitarre und Gesang. „Eine Schweigeminute in Gesangsform“, berichtet Oehler. Unter Mitschülern und Lehrern herrsche Betroffenheit und Fassungslosigkeit.
Die Familie sei sehr gefasst und versuche, den Verlust zu tragen. „Die Bestattung ist der letzte Akt der Trauerbegleitung im unmittelbaren Umfeld des Todes“, sagt Oehler. Jeder, der derzeit Haltung bewahre, könne danach in tiefe Trauer stürzen. Das Zusammenrücken helfe, sagt Rechenberg. Das grausige Verbrechen bestimme das Leben in den zu Klipphausen gehörenden Orten. Eine Reihe von Dorffesten wurden dort abgesagt. „Man kann nicht einfach zur Tagesordnung übergehen.“ (dpa)
