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Landtag Emotionale Corona-Aufarbeitung - „Auf Zukunft vorbereiten“

Im Thüringer Corona-Untersuchungsausschuss befragen Abgeordnete die frühere Präsidentin der Landesärztekammer. Sie erinnert an die schwierige Lage zu Beginn der Pandemie - und verteidigt Maßnahmen.

Von dpa 19.08.2025, 13:55
Im Thüringer Landtag wurden Zeugen im Corona-Untersuchungsausschuss angehört. (Symbolbild)
Im Thüringer Landtag wurden Zeugen im Corona-Untersuchungsausschuss angehört. (Symbolbild) Martin Schutt/dpa

Erfurt - Zwischenrufe aus dem Publikum, aufgewühlte Abgeordnete: Im Corona-Untersuchungsausschuss sind die ersten Zeugen angehört worden. 

Die Vize-Präsidentin der Bundesärztekammer, Ellen Lundershausen, plädierte für eine auf die Zukunft ausgerichtete Diskussion über die Corona-Pandemie. Lundershausen war während der Corona-Pandemie Präsidentin der Landesärztekammer in Thüringen, sie ist Hals-Nasen-Ohren-Ärztin.

„Die Diskussion heute ist eine retrospektive Diskussion“, sagte sie. Diese Perspektive helfe nicht weiter, betonte sie in einer Sitzung des Thüringer Corona-Untersuchungsausschusses in Erfurt. „Wir müssen uns auf die Zukunft vorbereiten.“ Sie sei davon überzeugt, dass es nicht die letzte Pandemie war, die die Menschen zu bewältigen hätten.

Lage im Jahr 2020 „hochbrisant“

Auf Fragen der Abgeordneten schilderte sie, dass die Lage am Anfang der Pandemie im Frühjahr 2020 „hochbrisant“ gewesen sei. „Es war eine ausgesprochen anstrengende Zeit.“ Sie habe damals eine Statistik zur Kenntnis genommen, mit Hochrechnungen, wie sich die Pandemie entwickeln würde, wenn nichts unternommen würde. „Das hat schon Angst gemacht, in der Ärzteschaft, glaube ich“, sagte sie.

„Ich bin hundertprozentig überzeugt, wenn keine Gegenmaßnahmen getroffen worden wären, wäre es so gekommen, wie dort dargestellt.“ Ihrer Einschätzung nach seien die Maßnahmen zu Beginn der Pandemie, als es noch keinen Impfstoff gab, gerechtfertigt und angemessen gewesen. Die Gefahr, so Lundershausen, wäre „ungeheuer groß“ gewesen, wenn nichts unternommen worden wäre.  

Während der Vernehmungen gab es im Landtag teils Zwischenrufe aus dem Publikum, eine Besucherin wurde von der Ausschussvorsitzenden ermahnt und verließ den Saal. Lundershausen korrigierte mehrfach AfD-Abgeordnete, weil sie sich in manchen Fragen falsch oder unpräzise wiedergegeben fühlte. Auch die Abgeordneten untereinander ermahnten sich an manchen Stellen, nur Fragen zustellen und keine Bewertungen vorzunehmen. AfD-Abgeordnete warfen Lundershausen Widersprüche vor, dies wies sie zurück. 

Für eine Impfpflicht

Zu den emotional diskutierten Themen gehörte auch die Diskussion über die Impfpflicht. Lundershausen hatte sich in der Pandemie für eine allgemeine Corona-Impfpflicht ausgesprochen. Als sie von einer AfD-Abgeordneten gefragt wurde, ob sie an ihren damaligen Aussagen aus heutiger Sicht festhalten würden, bejahte sie dies.  

Bei sich stark ausbreitenden Infektionskrankheiten seien Impfungen das einzige, was wirklich helfe, um das Gesundheitssystem und die Bevölkerung nicht zu überfordern. „Eine allgemeine Impfpflicht wäre zu einem frühen Zeitpunkt sehr gut gewesen. Ich gehe aber davon aus, dass wir wahrscheinlich gar nicht genügend Impfstoff hatten“, sagte sie. 

Lundershausen betonte die Unterschiede von Corona-Infektionen im Vergleich zu anderen Infektionskrankheiten - vor allem mit Blick auf die Ausbreitung und die schweren Krankheitsverläufe. Sie selbst habe eine schwere Corona-Infektion gehabt. „Wenn Sie auf einem Röntgenbild sehen, dass die Lunge nur noch zur Hälfte belüftet ist, glauben Sie, Sie sterben.“