Elias und Mohamed Elias und Mohamed: Mutmaßlicher Mörder Silvio S. im Gefängnis verprügelt

Der mutmaßliche Kindermörder Silvio S. ist in der Untersuchungshaftanstalt Moabit von einem Mitgefangenen niedergeschlagen und leicht verletzt worden. Wie Justizsprecherin Claudia Engfeld am Dienstag sagte, sei der 32-Jährige am Sonntag während der Freistunde von hinten mit einem Faustschlag attackiert worden. Bedienstete hätten sofort eingegriffen und den Angreifer gestoppt. Gegen den Mann wurde Anzeige erstattet.
Der mutmaßliche Mörder des kleinen Flüchtlingsjungen Mohamed und des sechsjährigen Elias aus Potsdam war am vergangenen Donnerstag in seinem Wohnort in Kaltenborn bei Jüterbog (Teltow-Fläming) festgenommen worden.
In seiner Vernehmung gab er zu, den vierjährigen Mohamed vom Gelände des Landesamtes für Gesundheit und Soziales in Moabit entführt und im Wohnhaus in Kaltenborn missbraucht und erdrosselt zu haben. Kurz darauf gestand er auch, den seit Anfang Juli vermissten Elias von einem Spielplatz verschleppt und ebenfalls getötet zu haben. Die verscharrte Leiche des Jungen wurde am Freitag im Kleingarten von Silvio S. in Luckenwalde gefunden.
Gegen den Wachschützer wurde Haftbefehl wegen Mordes erlassen. Seitdem sitzt er in Moabit in Untersuchungshaft. Da Psychologen bei ihm eine Suizidgefahr feststellten, kam er zunächst in einen besonders gesicherten Haftraum, in dem nur eine Liege steht. Tags darauf wurde er in eine Einzelzelle verlegt, er nahm bis Sonntag an der täglichen Freistunde teil.
Suizidgefährdet
Fall Elias. 8. Juli. Gegen 18 Uhr wird Elias das letzte Mal von seiner Mutter auf einem Spielplatz in der Potsdamer Siedlung Schlaatz gesehen. Die Mutter alarmiert 19.12 Uhr die Polizei.
11. Juli. Die Sonderkommission „Schlaatz“ wird gebildet.
18. Juli. Mit einem Bagger der Bundeswehr wird die Nuthe ausgegraben und tiefer abgesenkt. Hunderte Polizisten suchen nach dem Jungen.
19. August. Ein Spender bietet 50 000 Euro Belohnung an. Die Zahl der Ermittler in der Sonderkommission wird reduziert. Insgesamt gingen 1 300 Hinweise ein
29. Oktober. Der 32 Jahre alte Silvio S. aus Teltow-Fläming gesteht den Mord an Elias. Details nennt er nicht. Am Freitag wird die Leiche des Jungen in einer Gartenanlage in Luckenwalde entdeckt. Der Täter hatte den Toten vergraben.
Fall Mohamed. 1. Oktober. Der Junge verschwindet in Moabit. Ein Video zeigt einen Mann, der das Kind an der Hand führt.
29. Oktober. Die Mutter von Silvio S. meldet sich bei der Polizei, nachdem sie ihren Sohn auf einem Überwachungsbild erkannt hat. Silvio S. wird festgenommen und gibt beide Morde zu. Mohameds Leiche wird in Kaltenborn entdeckt. Sie liegt in einer Plastikwanne, überdeckt von Katzenstreu.
Nach dem Übergriff wurde Silvio?S. zunächst erneut in eine Zelle für selbstmordgefährdete Häftlinge gesperrt. Derzeit wartet er in einem normalen Einzelhaftraum auf seine Überführung nach Brandenburg. Die Zelle liegt in unmittelbarer Nähe der Stationsleitung, um weitere Übergriffe und eventuelle Suizidversuche zu verhindern. Jetzt erhält Silvio S. Einzelfreistunden.
Die Ermittlungen gegen den mutmaßlichen Doppelmörder hat die Staatsanwaltschaft Potsdam übernommen, da beide Kinder in Brandenburg umgebracht wurden. Nach Auskunft von Rechtsanwalt Matthias Noll, der zusammen mit einem Berliner Kollegen den Tatverdächtigen vertritt, habe Silvio S. keine weiteren Taten eingeräumt. „Es gibt nach seinen Angaben keine weiteren Opfer“, sagte der Potsdamer Strafverteidiger am Dienstag der Berliner Zeitung. Derzeit warte man auf Akteneinsicht. Noll bestätigte, dass man Silvio S. geraten habe, vom Aussageverweigerungsrecht Gebrauch zu machen. Silvio S. hatte den Ermittlern im Fall Elias nicht gesagt, wie und wann er den Jungen getötet hat. Ob Silvio S. weitere Angaben zu Elias machen wird, dazu wollte Noll derzeit keine Angaben machen.
Auf dem Gelände des Lageso, von dem Mohamed verschwand, liegt seit Freitag ein Kondolenzbuch aus. Zahlreiche Menschen haben darin ihre Trauer bekundet. Auch im Luckenwalder Rathaus gibt es seit Dienstag die Möglichkeit, die Trauer um die beiden Kinder in einem Kondolenzbuch in Worte zu fassen. Sie sei über die Nachricht, die Leiche von Elias sei in Luckenwalde gefunden worden, fassungslos und entsetzt gewesen, sagte Elisabeth Herzog-von der Heide, die Bürgermeisterin der Stadt. „Hinzu kam die bittere Erkenntnis, dass das Böse nicht immer nur woanders stattfindet.“
Spenden für die Trauerfeier
Aus der Parzelle, auf der die Leiche des Jungen gefunden wurde, soll ein dauerhafter Ort des Gedenkens werden. Eine Neuverpachtung und kleingärtnerische Nutzung des Grundstückes komme laut Bürgermeisterin nicht mehr in Betrachtung. Die Aufbauten auf dem 300 Quadratmeter großen Areal sollen abgerissen und von einem Landschaftsplaner als „Mohameds und Elias’ Garten“ gestaltet werden.
Ein Bestattungsinstitut hat am Dienstag Mohameds Leiche von der Gerichtsmedizin abgeholt. Der Junge soll in dieser Woche nach islamischem Ritus in Berlin bestattet werden. Ort und Zeit stehen noch nicht fest. Wie die Anwälte von Mohameds Mutter mitteilten, sei das Geld für die Trauerfeier durch Spenden und über eine Stiftung zusammengekommen. Verwandte aus anderen deutschen Städten sowie aus Bosnien und Schweden seien für die Beerdigung bereits angereist.
Mohameds Familie wird von dem SPD-Politiker Ilkin Özisik betreut. Er ist Mitglied des Abgeordnetenhauses und hat seinen Wahlkreis in Moabit. Özisik und die Anwälte von Mohameds Mutter fordern ein vorläufiges Bleiberecht für die bosnische Familie. Sie lebt seit 2012 in Berlin, ihre Duldung laufe laut Özisik in diesem Monat aus. Die Mutter benötige einen Aufenthaltsstatus. Doch als Bosnierin habe sie kaum Chancen, legal in Deutschland bleiben zu können. Die Anwälte gehen hingegen davon aus, dass Mohameds Mutter wegen ihres schweren Schicksals auf eine für sie günstige Entscheidung hoffen kann.
