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Frühkindliche Bildung Dresden macht mit Sprachprojekt für Kinder Schule

Im Zeitalter der Migration herrscht in mancher Kita großes Sprachgewirr. Mit gezielter Förderung will Dresden Kinder gut auf die Schule vorbereiten und lässt sich dabei von Bayern inspirieren.

Von dpa 13.11.2025, 17:38
Die Stadt Dresden geht bei der frühkindlichen Sprachförderung neue Wege und hat erste Erfolge (Symbolbild).
Die Stadt Dresden geht bei der frühkindlichen Sprachförderung neue Wege und hat erste Erfolge (Symbolbild). Sebastian Kahnert/dpa

Dresden - Für große Ideen ist keiner zu klein. Die Stadt Dresden will die frühkindliche Sprachförderung revolutionieren und kann mit ihrem Projekt „Sprachräume bilden“ auf erste Erfolge verweisen. Mädchen und Jungen bekommen dabei schon eineinhalb Jahre vor dem Schulanfang dreimal pro Woche 45 Minuten lang eine gezielte Förderung in kleinen Gruppen von sechs bis acht Kindern - spielerisch und in vertrauter Umgebung. „Plötzlich schwenkt die relative Stille am Mittagstisch in pausenloses Quasseln von Kindern um, die sonst nie etwas gesagt haben“, schilderte eine Erzieherin ihre Erfahrung. 

Derzeit nehmen neun Einrichtungen in drei Stadtviertein von Dresden teil, in denen besonders viele Familie mit ausländischen Wurzeln leben: Prohlis, Gorbitz und Johannstadt. In manchen Kitas stammen bis zu 80 Prozent der Kinder aus anderen Ländern. Nicht selten herrscht ein geradezu babylonisches Sprachengewirr. „Kinder unterhalten sich dann in ihrer Muttersprache miteinander, es kommt zur Gruppenbildung“, erklärte Sabine Bibas, Chefin im Amt für Kindertagesbetreuung, das Problem. Häufig fehle ihnen dann die Motivation, Deutsch zu lernen.

Bildungsbürgermeister Donhauser sieht jeden Euro gut investiert 

Mit Blick auf den späteren Schulalltag ist das verhängnisvoll ein Problem. Je früher Kinder die deutsche Sprache erlernen, desto besser können sie später auch Anforderungen in der Schule erfüllen, sind sich die Experten einig. Der Spruch „Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr“ könnte deshalb auch als Motto für „Sprachräume bilden“ stehen. „Jeder hier investierte Euro ist ein sehr gut investierter Euro“, sagte Bildungsbürgermeister Jan Donhauser. Dresden hatte sich dabei von einem Projekt aus Bayern inspirieren lassen und selbiges weiterentwickelt. Nun könnte es selbst zum Exportschlager werden.

Wortschatz vergrößert sich viel schneller

Denn die Erfahrungen seit Beginn der Sprachräume vor zwei Jahren haben gezeigt, dass die Mädchen und Jungen die Angst vor dem Sprechen verlieren. Ihr Wortschatz vergrößert sich bedeutend schneller, sie entwickeln ein starkes Selbstvertrauen, lautet ein Befund. Kinder, die bei dem Projekt beteiligt waren, haben sich schneller an die Schule gewöhnt und fühlen sich dort sichtlich wohler, lautet ein anderer. Dabei sind die Sprachräume bei weitem nicht nur für Kinder aus Migrantenfamilien gedacht. Auch viele einheimische Mädchen und Jungen haben sprachlichen Nachholbedarf. 

Sprachliche Defizite von Kindern nehmen zu 

Schon seit Jahren könne man bundesweit feststellen, dass die Auffälligkeiten und Defizite von Kindern insbesondere bei der Sprache stiegen, berichtete Sabine Grohmann, die in Dresden für das strategische Management in der Kindertagesbetreuung zuständig ist. „Die Frage ist: Nehmen wir das nur zur Kenntnis, oder denken wir darüber nach, umzusteuern und zu gestalten?“ Impulse aus dem alltäglichen Kitabetrieb würden bei manchen Kindern nicht ausreichen. Im Setting kleiner Gruppen könnten sie unter Anleitung pädagogischer Fachkräfte die Sprache viel besser lernen.

Nach den Worten von Bibas geht es darum, ein Zeitfenster zu nutzen. „Die Kindheit ist nicht lang.“ Wenn die Kinder mit wenigen oder gar keinen Sprachkenntnissen in der Grundschule ankämen, sei das Scheitern schon vorprogrammiert. Deshalb gelte es, den Zeitraum vor der Schule zu nutzen. 

Bibas und Grohmann hoffen nun darauf, dass die Stadt Dresden das Projekt auch in den kommenden Jahren auskömmlich finanziert. Die Sprachräume sind Teil eines Handlungsprogrammes mit dem Titel „Aufwachsen in sozialer Verantwortung“, das seit 2008 läuft und für das Dresden pro Jahr zehn Millionen Euro ausgibt. Kindertagesstätten an sozialen Brennpunkten der Stadt erhalten dabei mehr Ressourcen, um die Kleinen besser fördern zu können. Auch mit dem Handlungsprogramm hat Dresden bereits Schule gemacht.