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Disney-Naturfilm Disney-Naturfilm: Schimpansen-Adoption geht ans Herz

Von Ulrike Leszcynski 06.05.2013, 19:06
Die Schimpansen Isha und Oskar im afrikanischen Dschungel. Am 9. Mai der Disney-Naturfilm «Schimpansen».
Die Schimpansen Isha und Oskar im afrikanischen Dschungel. Am 9. Mai der Disney-Naturfilm «Schimpansen». dpa Lizenz

Leipzig/Berlin/dpa - Wenn am Donnerstag (9. Mai) der Disney-Naturfilm „Schimpansen“ in die deutschen Kinos kommt, wird das Publikum wahrscheinlich reagieren wie schon Tausende Zuschauer in den USA: Was für niedliche Tiere! Und auch noch alle echt. In Deutschland aber ist kurz vor dem Filmstart eine Mediendebatte über den Wahrheitsgehalt dieses Filmes entbrannt, bei dem es im Kern um die Adoption eines verwaisten Schimpansen-Jungen geht.

Das Filmlabel Disneynature vermarktet den Film als wahre Geschichte, von der Natur geschrieben. Dagegen regte sich Widerstand, zum Beispiel in der vergangenen Woche im Nachrichtenmagazin „Spiegel“ und in der „Berliner Zeitung“.

Der britische Tierfilmer Alastair Fothergill hält die ganze Diskussion für ein Problem der Auslegung des Wortes „wahr“. „Uns war wichtig, dass der Film wissenschaftlich korrekt ist“, sagt er. „Aber um die ganze Geschichte zu erzählen, mussten wir Szenen kombinieren.“ Das Team habe zwar 700 Tage im Dschungel der Elfenbeinküste gedreht - aber die Kinogeschichte erzähle einen Zeitraum von insgesamt vier Jahren. Der kleine Schimpansen-Held im Film habe allein deshalb mehrere Darsteller.

„Wir haben in einem gewissen Ausmaß konstruiert, aber es ist kein Fake“, betont Fothergill mit Nachdruck. „Das ist ja alles im Urwald so passiert“. Nur eben nicht chronologisch - und auch nicht am selben Ort, wie der Film suggeriert. Geplant gewesen sei keine Dokumentation wie fürs Fernsehen, berichtet der Naturfilmer, der viel für die BBC gearbeitet hat.

Der renommierte Primatenforscher Christophe Boesch vom Leipziger Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie hat das Filmteam wissenschaftlich beraten. Seit mehr als 20 Jahren forscht er im afrikanischen Dschungel und hat richtungsweisende Studien über das Verhalten der Schimpansen veröffentlicht. Sein größtes Anliegen sei es, die bedrohten Tiere zu schützen - und ihnen eine Lobby zu verschaffen, betont er. Ein Disney-Film erreicht ein großes Publikum. Nun wirkt Boesch überrumpelt von der Medienschelte. „Als wissenschaftlicher Berater musste ich sicherstellen, dass alles dem Verhalten der Tai-Schimpansen entspricht“, sagt der Professor. Es sei aber im Rückblick ein Nachteil gewesen, dabei mit dem Disney-Filmteam zu arbeiten. „Da gibt es Regeln. Sie machen Filme auf ihre eigene Art.“ Auf viele Aspekte habe er deshalb auch keinen Einfluss gehabt. „Ich hatte nur Einfluss auf die wissenschaftliche Genauigkeit. Ich habe mich da in eine kleine Falle manövriert.“ Die Geschichte aber basiere, auch wenn sie konstruiert sei, noch immer auf „wahrem Schimpansen-Verhalten“, betont Boesch. Wissenschaftlich sei das also korrekt.

Wahr ist an dem Film, dass das Team durch Zufall eine Form von Schimpansen-Adoption vor die Linse bekam, die ausgesprochen selten ist - ein wahrer Glücksfall. Nicht wahr ist, dass die Natur bei solchen Geschichten immer ein „Happy End“ vorsieht. Jedes zweite Schimpansen-Jungen stirbt, bevor es fünf Jahre alt ist. Das weiß auch Tierfilmer Alastair. Der Kinobesucher erfährt es nicht. Hätte man Fakten zum Dreh nicht einfach in den Abspann schreiben können? „Das würde die Stimmung verderben“, sagt dazu Alastair.