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Emotionaler Abschied DGB-Bezirkschef Payandeh: Ein falscher Zug, ein neues Leben

Vom Flüchtling zum DGB-Bezirkschef: Mehrdad Payandeh blickt bei seinem Abschied auf sein Leben zurück – und Ex-Ministerpräsident Stephan Weil lädt ihn zum Entenfüttern ein.

Von dpa 10.10.2025, 22:21
Nach acht Jahren an der Spitze des DGB-Bezirks Niedersachsen, Bremen und Sachsen-Anhalt wird Mehrdad Payandeh verabschiedet. (Archivbild)
Nach acht Jahren an der Spitze des DGB-Bezirks Niedersachsen, Bremen und Sachsen-Anhalt wird Mehrdad Payandeh verabschiedet. (Archivbild) Michael Matthey/dpa

Hannover - Langer Applaus, warme Worte, ein gerührter Gewerkschafter: Der Bezirksvorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) für Niedersachsen, Bremen und Sachsen-Anhalt, Mehrdad Payandeh, ist in Hannover verabschiedet worden – vor zahlreichen Gästen aus Politik und Wirtschaft. Der 65-Jährige blickte in einer Rede auf einen Lebensabschnitt zurück, der mit einer Flucht begann und mit einem Zug endete, der ihn in eine neue Zukunft brachte.

Als er 1985 im Alter von 25 Jahren aus dem Iran floh, landete er in Ost-Berlin. Er wollte eigentlich nach Dänemark und kaufte dafür ein Zugticket – für 40 Pfennig. „Spätestens da hätte ich misstrauisch werden müssen“, erinnerte er sich. „Der Zug fuhr aber nicht nach Dänemark, sondern zur U-Bahnstation Friedrichstraße. Und mit einem Schubs landete ich in West-Berlin.“

„Ich konnte kein Wort Deutsch, hatte nur ein Hemd und eine Jeans an. Es war kalt, und ich wusste nicht weiter“, sagte Payandeh. Vom ersten Tag an habe ihm der deutsche Sozialstaat Schutz und Zeit gegeben, um anzukommen. Er habe gelernt, wie ein Fahrkartenautomat funktioniert, dass man auf dem Zebrastreifen keine Angst vor Autos haben muss – und dass die deutsche Sprache fast so bunt und bildhaft sein kann wie Persisch.

Vom Lagerarbeiter zum Bezirkschef

In Deutschland arbeitete Payandeh zunächst als Lagerarbeiter, lernte die Sprache, trat der SPD bei und studierte später Volkswirtschaftslehre. 2004 promovierte er in Bremen. 2008 wechselte er in die Bundesvorstandsverwaltung des DGB nach Berlin. Seit 2018 steht er an der Spitze des DGB-Bezirks Niedersachsen, Bremen und Sachsen-Anhalt.

Im Dezember gibt der 65-Jährige sein Amt aus Altersgründen ab. Seine Nachfolge soll der Landesleiter des DGB Bremen, Ernesto Harder, antreten.

Stephan Weil und das Entenfüttern

Niedersachsens Ex-Ministerpräsident Stephan Weil bezeichnete ihn als „hochloyalen Partner“ und als „Netzwerker vor dem Herrn“. Gerade in schwierigen Zeiten habe Payandeh den gesellschaftlichen Zusammenhalt gestärkt. Mit einem Schmunzeln sagte Weil: „Ich freue mich jetzt schon darauf, dass der Platz auf der Bank im Stadtpark vor dem Ententeich, auf dem ich immer sitze, künftig einen Nachbarn haben wird und wir gemeinsam die Enten füttern.“

DGB-Bundesvorsitzende Yasmin Fahimi (SPD) würdigte Payandeh als „Gewerkschafter durch und durch, als Kämpfer für soziale Gerechtigkeit, für Mitbestimmung und Demokratie“. „Mehrdad, du hast dein Leben der Sache gewidmet, in der Tat, nämlich den Menschen in der Arbeit“, sagte sie. Für ihn sei Solidarität „nicht einfach nur ein Lippenbekenntnis, sondern ein Prinzip täglichen Handelns“.

Der richtige Zug

Zum Schluss seiner Rede sprach Payandeh mit einem Lächeln über den Zufall, der sein Leben prägte. Er habe damals gedacht, er sei falsch abgebogen. „Wenn ich aber heute zu euch gucke, dann muss ich meine damalige Perspektive korrigieren“, sagte er. „Ich bin doch in den richtigen Zug eingestiegen.“