Corona-Pandemie Corona-Pandemie: Virologe Streeck über zu späten Lockdown und Hass gegen seine Person

München/ Halle (Saale) - Professor Dr. Hendrik Streeck (43) zählt zu Deutschlands bekanntesten Virologen. Im Interview mit dem Münchner Merkur spricht er über Versäumnisse in der Corona-Krise und Anfeindungen gegen seine Person.
Streeck kritisierte die bisherigen Schutzmaßnamen. Die hohe Zahl der täglichen Neuinfektionen deute auf eine hohe Dunkelziffer bei den Infizierten hin. Weiterhin sei dies auch ein Hinweis darauf, dass die bisherigen Maßnahmen nicht dort angesetzt hätten, wo die meisten Übertragungen stattfinden.
Hätte ein harter Lockdown im Sommer Schlimmeres verhindert?
Man tappe in der Frage, wo sich die meisten Menschen infizieren, noch zu sehr im Dunkeln. Ein harter Lockdown sei bereits im Sommer „sehr effizient“ gewesen. So hätte man die Infektionszahlen „auf ein Minimum“ drücken können. Sicher sei das nicht einfach zu vermitteln gewesen. Doch, so Streeck, gehe es „darum, besser zu vermitteln, warum bestimmte Maßnahmen sinnvoll sind.“
Streeck: Der bisherige Schutz reicht nicht aus
Um die Infektions- und Sterberate zu senken, müssten die Risikogruppen endlich besser geschützt werden. „Das Bisherige an Schutz reicht nicht aus“, so Streeck. Alte Menschen sollten aber nicht isoliert werden.
Es komme vielmehr darauf an, dass Pflegekräfte und Besucher häufiger getestet werden und konsequent eine FFP2-Maske tragen.
Streeck: Corona macht keine Pause
Auch kritisierte der Virologe Menschen, die sich über die Feiertage nicht einschränken wollen. Das Virus mache über Weihnachten keine Pause.
Und wie sieht es mit dem Urlaub im nächsten Jahr aus? Streeck prognostiziert, dass ein Sommerurlaub möglich sein wird. Auf die Möglichkeit eines Urlaubs im Frühjahr will er sich aber nicht festlegen. „Das ist schwer vorherzusagen“, so der Virologe.
Anfeindungen und Hass im Netz - Streeck lässt sich nicht einschüchtern
Im Internet schlagen dem Virologen oft Hasskommentare entgegen. Darauf angesprochen, wie er mit den Anfeindungen umgeht, sagt er:
„Manche Anfeindungen sind verletzend und perfide, vor allem, wenn Aussagen verdreht werden. Differenzierte Meinungsäußerungen provozieren leider manchmal einen Shitstorm. Ich werde mich trotzdem weiterhin differenziert äußern.“
Vor wenigen Wochen hatte Streeck über Morddrohungen berichtet. Seitdem steht er unter Polizeischutz. (mz)