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Bayern Bayern: Drei Tote bei Familiendrama

Von Ralph Bauer 26.10.2010, 15:30
Das Wrack eines Fahrzeuges, in dem ein 17-jähriger Geisterfahrer getötet wurde, liegt in der Nacht zum Dienstag auf der Autobahn 7 Würzburg-Ulm (Unterfranken). (FOTO: DPA)
Das Wrack eines Fahrzeuges, in dem ein 17-jähriger Geisterfahrer getötet wurde, liegt in der Nacht zum Dienstag auf der Autobahn 7 Würzburg-Ulm (Unterfranken). (FOTO: DPA) dpa

Kitzingen/dapd. - Über dem Eingang des typisch fränkischenBauernhauses in der Mitte des Kitzinger Ortsteiles Repperndorf stehtin Stein gemeißelt: "An Gottes Segen ist alles gelegen". Hinter derweißen Eingangstüre hat sich in der Nacht zuvor offenbar einFamiliendrama abgespielt. Am Dienstag fanden Polizeibeamte, die sichdurch ein Fenster Zugang in das Haus verschafft hatten, dort dieLeichen eines Ehepaares.

Die Beamten wollten dem 59-Jährigen undseiner 50 Jahre alten Ehefrau die Nachricht überbringen, dass ihr 17Jahre alter Sohn in der Nacht als Geisterfahrer bei einemFrontalzusammenstoß mit einem Laster auf der A 7 ums Leben gekommenwar. Dabei fanden sie die beiden Toten. Die Polizei geht von einemGewaltverbrechen aus. Es gebe keine Hinweise auf einen anderen Täterals den Sohn. Dieser sei mit verschiedenen Delikten wie etwaSachbeschädigungen in Erscheinung getreten und habe unter Betreuungdes Jugendamtes gestanden. Zuletzt besuchte er den Angaben zufolgeeine Berufsschulklasse für Schüler ohne Ausbildungsstelle. Der17-Jährige war am frühen Dienstagmorgen mit einem Auto in Kitzingenin eine Routinekontrolle der Polizei geraten. Dabei hatte er dieAnhaltezeichen der Beamten ignoriert und war mit dem Wagen infalscher Richtung auf die A 7 aufgefahren. Nach wenigen Kilometernraste er frontal in einen Lastwagen. Der junge Mann war sofort tot.

Einen Führerschein besaß er nach Angaben von PolizeipressesprecherKarl-Heinz Schmitt nicht. Nachbarn, die den Polizeibus vor demAnwesen unmittelbar neben dem Feuerwehrhaus am Dienstagmittagbeobachteten, zeigten sich von dem Familiendrama, das sich offenbarabgespielt hat, nicht sonderlich überrascht. Der Jugendliche sei imDorf als rabiat bekannt gewesen, berichtete eine Seniorin. EinNachbar schilderte den 17-Jährigen als extrem gewaltbereiten Mann.

So soll er seiner aus Russland stammenden Mutter öffentlichangedroht haben, "sie abzustechen". Wurde er von Kindern in derSchule geärgert, so habe er schon einmal die Reifen an den Autos vonderen Eltern platt gestochen. "Das mit der Aggressivität ist dieletzten Jahre immer schlimmer geworden", berichtete in Passant. ImOrt habe auch das Gerücht die Runde gemacht, der junge Mann verkehrein Kitzinger Neonazikreisen, weshalb häufig die Polizei in demschlichten Backsteinhaus vorstellig geworden sei. Zwtl: "Kinderdürfen nicht spielen"

Allgemein wird die Familie als sehr zurückgezogen beschrieben.Der Familienvater sei ein alteingesessener Repperndorfer gewesen,der in seinem Elternhaus lebte. Er sei genauso streng gewesen wiedie Mutter, wussten Nachbarn zu berichten. So habe der 17-Jährigeals Kind mit keinem anderen spielen dürfen. Ein Bekannter derFamilie erzählte am Dienstag von einer Episode, wonach sich dieMutter des Teenagers über den Lärm spielender Kinder in derNachbarschaft beschwert habe. Als sich deren Eltern verteidigten,Kinder müssten auch spielen dürfen, soll sie gesagt haben: "Kinderdürfen nicht spielen, Kinder müssen lernen." Dementsprechend habeder Geisterfahrer auch keine Freunde gehabt und mehrfach die Schulewechseln müssen. Unter den Nachbarn und Anwohnern zweifelte amDienstag kaum einer daran, dass der 17-Jährige seine Eltern getötethat.

"Das wird jeder hier sagen, dass er es war", gab sich einNachbar überzeugt. Dann - so vermuten die Nachbarn weiter - habe derJugendliche wahrscheinlich absichtlich das Auto seines Vaters gegenden Lastwagen gelenkt: "Das war wohl sein letzter Ausweg." . DiePolizei kann diese Version noch nicht bestätigen. Die Möglichkeit,dass er den BMW in selbstmörderischer Absicht in den Lastwagengesteuert habe, würde von den Ermittlungsbehörden geprüft, hieß es.