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Landgericht Tödlicher Angriff auf Nachbarn mit Kettensäge: Geständnis

Als Polizisten das Hochhaus betreten, läuft die Kettensäge noch im Leerlauf. Eine Frau ist tot, ihr Freund schwer verletzt. Ein Nachbar wird als mutmaßlicher Täter abgeführt. Er soll im Wahn gehandelt haben.

Von dpa 30.05.2023, 10:43
Ein Schild mit der Aufschrift "Angeklagter" wird auf die Gerichtsbank gestellt.
Ein Schild mit der Aufschrift "Angeklagter" wird auf die Gerichtsbank gestellt. Arne Dedert/dpa/Symbolbild

Berlin (dpa/bb) – - Mit laufender Kettensäge, einer Machete und drei Messern bewaffnet soll er seine Nachbarn attackiert haben: Knapp fünf Monate nach einem tödlichen Angriff in einem Hochhaus in Berlin-Lichtenberg muss sich ein 35-Jähriger vor dem Berliner Landgericht verantworten. Er soll seine 52 Jahre alte Nachbarin mit einer Machete getötet und ihren Freund mit einer Kettensäge schwer verletzt haben. Für den Beschuldigten erklärte die Verteidigerin zu Prozessbeginn am Dienstag, ihm werde „immer klarer, was er Furchtbares getan hat“. Er habe allerdings kaum Erinnerungen an das Geschehen. 

Dem 35-Jährigen werden Totschlag, versuchter Mord und gefährliche Körperverletzung zur Last gelegt. In einem sogenannten Sicherungsverfahren strebt die Staatsanwaltschaft seine dauerhafte Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an. Im Zustand einer akuten Psychose habe er angenommen, man hätte ihn vergiften wollen und auch auf ihn geschossen, sagte Staatsanwältin Silke van Sweringen.  

Es war 2.20 Uhr am Morgen, als sich der 35-jährige Deutsche am 6. Januar an der Tür seiner Nachbarin zu schaffen gemacht haben soll. Ihr damals 52-jähriger Freund habe versucht, ihn wegzudrängen. Der Beschuldigte habe ihn aus dem Weg räumen wollen, um die Nachbarin „plangemäß töten zu können“, so die Staatsanwältin. Der 52-Jährige habe zur Abwehr in die Sägekette gefasst und tiefe Schnittwunden erlitten. Weitere schwere Verletzungen im Gesicht und am Hals habe ihm der 35-Jährige dann bewusst beigebracht und anschließend die Frau attackiert. 

Die 52-Jährige starb noch am Tatort im vierten Geschoss. Ihr Freund  habe durch eine Notoperation und intensivmedizinische Behandlung gerettet werden können, hieß es weiter. Der Mann, der als Bundespolizist tätig gewesen sein soll, ist nun Nebenkläger. Eine Anwältin saß für ihn am ersten Prozesstag mit im Gerichtssaal. 

Bei der Polizei war kurz nach Beginn der Attacke ein Notruf eingegangen. „Er kommt, er tötet mich“, habe eine Frau aufgeregt mitgeteilt, schilderten Polizeibeamte vor Gericht. „Die Kettensäge lief noch im Leerlauf, als wir das Haus betraten“, so ein Beamter. Ein Mann, der eine Tarnjacke und eine Weste mit vielen Taschen trug, habe eine Machete in der Hand gehalten. Ein stark blutender anderer Mann habe mit schwacher Stimme gesagt: „Es war der Nachbar.“

Der Beschuldigte soll zudem fünf Wein- und Spirituosenflaschen mit Benzin gefüllt, Stoffstücke in die Flaschenhälse gesteckt und die im Flur aufgestellten Molotowcocktails angezündet haben. Polizisten hätten diese aber löschen können, bevor es zu einem Brand oder einer Explosion kam. Der 35-Jährige habe sich nach mehrmaliger Aufforderung auf den Boden gelegt, schilderte eine Polizeibeamtin. Er habe von Schüssen gesprochen, dabei „nicht ganz klar gewirkt“.

Verteidigerin Sylvia Frommhold sagte in einer Erklärung für ihnen Mandanten, es sei für ihn unvorstellbar, dass er zu solchen Taten fähig war. Er habe „riesige Angst“ gehabt und gedacht, er werde getötet. Am Rande der Verhandlung hieß es, zwischen dem 35-Jährigen und der Nachbarin habe es keinen Streit gegeben. Es sei ein Angriff ohne erkennbares Vorgeschehen gewesen. 

Der Beschuldigte, der vor einigen Jahren ein Studium im vierten Semester abgebrochen haben soll, ist seit der Tat einstweilig in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht. Für den Prozess sind bislang vier weitere Tage bis zum 3. Juli geplant.