Vermummte in Bad Freienwalde Angriff auf Fest gegen rechts - Sorge vor weiterer Gewalt
Wer steckt hinter dem Angriff auf die Kundgebung gegen rechts in Bad Freienwalde? Die Polizei bildet eine Ermittlungsgruppe. Initiativen sind in Sorge vor weiteren Bedrohungen und Attacken.

Bad Freienwalde - Nach dem Angriff einer Gruppe Vermummter auf eine Kundgebung gegen rechts im ostbrandenburgischen Bad Freienwalde wächst die Sorge vor weiterer Gewalt gegen Veranstaltungen für Toleranz und Vielfalt. Mehrere Initiativen riefen zugleich zum verstärkten Engagement für eine tolerante Gesellschaft auf.
Die Polizei bildete zur Aufklärung des Angriffs eine Ermittlungsgruppe unter Federführung des Staatsschutzes, der für politisch motivierte Straftaten zuständig ist. Die Täter - rund zehn bis 15 Angreifer - sind noch nicht gefasst.
Stiftung: Rechte Szene enthemmt
Die Amadeu Antonio Stiftung spricht von einem rechtsextremen Angriff, der zeige, wie enthemmt die Szene auftrete. „Rechtsextremistische Gewalt in Brandenburg ist kein Einzelfall. Das Ausmaß an Gewalt und die Häufigkeit solcher Vorfälle nehmen stetig zu“, beklagte auch die Initiative „Wir packen's an“.
Rechtsextreme mobilisieren seit einiger Zeit verstärkt auch gegen Christopher Street Days (CSD). „Wer die Demokratie in Deutschland verteidigen will, muss solche Veranstaltungen schützen, egal ob in Berlin oder in der Brandenburgischen Provinz“, sagte Lorenz Blumenthaler, der sich bei der Amadeu Antonio Stiftung mit Rechtsextremismus befasst.
Bündnis: Einschüchterung nicht zulassen
Das Bündnis „Brandenburg zeigt Haltung“ teilte mit: „Wir dürfen nicht zulassen, dass Gewalt und Einschüchterung das bürgerschaftliche Engagement schwächen. Jetzt ist es wichtiger denn je, Haltung zu zeigen und den Mut der Betroffenen nicht vergebens sein zu lassen.“
CSD am Samstag in Eberswalde
Am kommende Samstag findet ein CSD in Eberswalde nach Auskunft der Veranstalter wie geplant statt - und mit Schutz der Polizei. Es werden mehr als 1.000 Teilnehmende erwartet, wie es hieß. Weitere CSDs folgen im Juli.
In der Kleinstadt Bad Freienwalde hatte eine Initiative eine Kundgebung unter dem Motto „Für ein buntes Bad Freienwalde“ veranstaltet. Kurz vor Beginn der Versammlung wurden Teilnehmer, die laut Polizei zum Teil der queeren Community angehörten, attackiert. Nach bisherigen Erkenntnissen der Polizei sollen die Angreifer, die teils vermummt waren, Schlagwerkzeuge oder Holzstöcke benutzt haben.
Mindestens zwei Personen erlitten leichte Verletzungen, wie es am Sonntag hieß. Auf Bildern des rbb-Fernsehens ist zu sehen, wie ein maskierter Mann einem Besucher mit der Faust ins Gesicht schlug. Nach Auskunft von Beratungsstellen wie der Opferperspektive war es bereits in den Vorjahren zu Störungen von Veranstaltungen des Bündnisses „Bad Freienwalde ist bunt“ gekommen.
Stiftung sieht Gefahr einer Ausbreitung rechter Gewalt
Die Amadeu Antonio Stiftung sieht angesichts rechtsextremer Vorfälle im Osten Deutschlands die Gefahr einer Rückkehr der sogenannten Baseballschlägerjahre der 1990er Jahre. „Es entsteht ein Klima der Gewalt und der rechtsextremen Mobilisierung, das an die 90er erinnert - es droht ein Flächenbrand“, sagte Blumenthaler.
Die „Baseballschlägerjahre“ sind beinahe zu einem Synonym für rechte Gewalt geworden, die in der Nachwendezeit besonders in Ostdeutschland eskalierte. Ausschreitungen etwa in Hoyerswerda und Rostock-Lichtenhagen machten Schlagzeilen.
Reihe von Angriffen auf alternative Projekte in Südbrandenburg
Angriffe auf linke Projekte lösen in Südbrandenburg seit Monaten Sorgen aus. Rechtsextreme bedrohen Menschen, die sich für Vielfalt einsetzen.
Im Mai wurde in Cottbus das alternative Wohnprojekt „Zelle 79“ mit Pyrotechnik attackiert. Auch verfassungsfeindliche Parolen sollen die bislang nicht gefassten Täter gerufen haben. Gewaltvorfälle hatte es zuvor bei Jugend- und Kultureinrichtungen in Südbrandenburg gegeben.
Bei einer bundesweiten Razzia gegen eine mutmaßliche rechte Terrorgruppe ging die Bundesanwaltschaft im Mai auch gegen Verdächtige aus Südbrandenburg vor. Anfang Januar sollen drei mutmaßliche Mitglieder der Gruppe einen Brandanschlag auf eine Asylunterkunft in Senftenberg geplant haben.