Amoklauf in Lörrach Amoklauf in Lörrach: Sorgerechtsstreit als möglicher Auslöser

Lörrach/dapd. - Danach steckte sie die Wohnung mit den beiden Leichen inBrand, wie die Polizei und die Staatsanwaltschaft am Montagmitteilten. Die Leiche des Mannes wies Schussverletzungen auf, derenKaliber mit der Sportwaffe der Frau übereinstimmte. Die Pistole warauf der Besitzkarte der Rechtsanwältin eingetragen, die früherMitglied in einem Sportschützenverein war. Wie genau der Sohn umsLeben kam, ist noch unklar. Die Ermittler sagten, dass der Körperdes Kindes "Einwirkungen stumpfer Gewalt" aufweise. Nach dem sichzeigenden Gesamtbild sei auch davon auszugehen, dass die Frau dasKind getötet habe.
Weiterhin ist unklar, weshalb die Frau im Anschluss an die Tat indas nahe gelegene Elisabethenkrankenhaus gegangen war. Dort hattesie am Eingang zwei Passanten zunächst angeschossen, bevor sie aufder gynäkologischen Abteilung einen Pfleger mit einem Dolch und derPistole attackierte und tötete. Als Polizisten auf den Flur derAbteilung kamen, feuerte die Frau auf die Beamten. Sie verschanztesich in einer Nische und feuerte zudem auf ein Patientenzimmer, indem sich eine Frau und sechs Besucher befanden. Die Polizisteneröffneten schließlich das Feuer auf die Frau, die bei demSchusswechsel ums Leben kam. Später fanden die Beamten rund 300Schuss Munition bei ihr.
Weshalb die Frau das Krankenhaus ansteuerte bleibt fraglich. DieErmittler fanden heraus, dass die 41-Jährige im Jahr 2004 hier eineFehlgeburt erlitten hatte. "Ob das Grund war, wissen wir nicht. Wirkönnen nur mitteilen, dass es das Geschehnis in der Biografie derFrau gab", sagte Oberstaatsanwalt Dieter Inhofer am Montag.
Angesichts des Amoklaufs zeichnet sich eine erneute Debatte umdas Waffenrecht ab. Die bundesweite Initiative "Keine Mordwaffen alsSportwaffen!" forderte am Montag ein totales Verbot tödlicherSportwaffen. Initiativensprecher Roman Grafe verwies darauf, dassals Tatwaffe eine kleinkalibrige Sportwaffe benutzt wurde. Zudemsoll die Täterin Sportschützin gewesen sein. Demnach sei "auch dieseMordserie durch das lasche deutsche Waffengesetz ermöglicht worden",kritisierte Grafe am Montag. Das Risiko durch legale, tödlicheSportwaffen sei trotz der gesetzlichen Regelungen "unbeherrschbar".
Grafe hatte Ende Juli 2010 zusammen mit Eltern von Opfern desAmoklaufs von Winnenden beim Bundesverfassungsgericht in KarlsruheVerfassungsbeschwerde gegen das deutsche Waffengesetz eingereicht.In den Verfassungsklagen wird gerügt, dass das Waffengesetz dasRecht auf Ausübung des Schießsports in unzulässiger Weise über dasRecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit stelle. Der legaleBesitz tödlicher Waffen zum Zweck des Schießsports stelle ein nichthinnehmbares Sicherheitsrisiko für die Bevölkerung dar. Das deutscheWaffengesetz begünstige Amokläufe. Die Initiative fordert "einVerbot tödlicher Sportwaffen, egal welchen Kalibers".Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) lehnte eine reflexartigeDebatte über das Waffenrecht ab. Zunächst müssten alle Informationenin aller Ruhe analysiert werden, sagte er.