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Wolfgang Böhmer Wolfgang Böhmer: «Soli-Debatte ist nur ein Sturm im Wasserglas»

Von Dörthe Hein und Rochus Görgen 09.04.2012, 08:12
Wolfgang Böhmer (CDU), ehemaliger Ministerpräsident des Landes Sachsen-Anhalt. (FOTO: ARCHIV/DPA)
Wolfgang Böhmer (CDU), ehemaliger Ministerpräsident des Landes Sachsen-Anhalt. (FOTO: ARCHIV/DPA) dpa-Zentralbild

Magdeburg/dpa. - Der Osten kann die immer wiederkehrende Debatteum die finanzielle Unterstützung der neuen Länder aus Sicht vonSachsen-Anhalts ehemaligem Ministerpräsidenten Wolfgang Böhmer (CDU)gelassen nehmen. «Es ist ein bisschen kommunalpolitische Aufregung,die man menschlich nachvollziehen kann, die aber sachlich undpolitisch nur ein Sturm im Wasserglas bleiben wird», sagte Böhmerangesichts der Kritik von Oberbürgermeistern aus dem Ruhrgebiet ander Ost-Förderung. Niemand werde ernsthaft an dem bis 2019vereinbarten Solidarpakt II rütteln, betonte der 76-Jährige in einemGespräch mit der Nachrichtenagentur dpa in Magdeburg. DerSolidaritätspakt II garantiert den neuen Ländern insgesamt 156,6Milliarden Euro.

«Die Bürgermeister im Ruhrgebiet haben auch Probleme, ernsthafteProbleme. Und die sagen natürlich, wenn wir das Geld, was wir abgebenmüssen, behalten könnten, ging's uns besser», sagte Böhmer. «Da kannman ja nicht widersprechen. Das ist so. Dafür sind ihnen 40 JahreSozialismus erspart geblieben, das soll man nicht gering schätzen.»Der Solidarpakt sei als Nachteilsausgleich für die neuen Bundesländerkonstruiert worden.

Böhmer machte auch die Bedeutung der speziellen Förderungdeutlich: «Kein Investor kommt zu uns, wenn er nicht ordentlicheVerkehrsverbindungen hat. Die Leute kommen doch nicht aus Gnade oderaus Barmherzigkeit, sondern die kommen, weil sie hier ordentlicharbeiten und verdienen wollen.» Es werde immer nach dem nächstenAutobahnanschluss, dem nächsten Bahnhof und dem nächsten Flughafengefragt.

Böhmer geht nicht davon aus, dass gleiche Lebensverhältnisse inallen Regionen Deutschlands zu erreichen sind. «Die hat es inWestdeutschland nie gegeben, und die wird es in einer freiheitlichenGesellschaft auch gar nicht geben können.» Diese Gleichheit sei einealte DDR-Forderung und -Vorstellung. «Die Lebenskosten sind auchunterschiedlich, und dass dann auch die Tarife unterschiedlich sind,ist in einer freien Wettbewerbsgesellschaft eher normal.» Deswegensei das Leben in Schleswig-Holstein nicht weniger lebens- undliebenswert als in der Umgebung von München.

Allerdings müssten die Tarife in Ost und West noch angepasstwerden. «Sonst laufen uns die Leute weg.» Diese Annäherung lasse sichaber nicht mit gesetzlichen Maßnahmen erzwingen. Das müsse derArbeitsmarkt regeln.