WM-Eröffnung WM-Eröffnung: Fußball quer durch Halle
Halle/MZ. - Scheinbar ein Freitagabend wie jeder andere. Der Verkehr auf der Delitzscher Straße rollt wie immer. Vor Halles Hauptbahnhof ist kein Parkplatz mehr frei. Taxifahrer warten auf Kundschaft. Und alle warten auf den Anstoß.
17.45 Uhr: Wer in der Empfangshalle des Bahnhofs wartet, wartet allerdings vergeblich. Die Video-Wand unter dem Dach zeigt normalerweise Kurznachrichten und Werbung. Jetzt, wenige Minuten vor dem WM-Eröffnungsspiel, zeigt sie - Kurznachrichten und Werbung. Zum Beispiel für die "Wurst, dein Freund und Helfer". "Eigentlich sollte hier das Spiel übertragen werden", sagt der Mann vom WM-Fanartikel-Shop und zuckt mit den Schultern. Zwei andere Händler haben einen kleinen Fernseher in ihre Verkaufsbude gestellt. Wenn man sich nicht selber um alles kümmert... Auch auf dem Vorplatz läuft die WM: Auf zehn mal 15 Zentimetern. Ein Taxi-Fahrer hat sich einen Mini-Laptop aufs Armaturenbrett montiert. "Den hab' ich schon während der letzten Olympiade gehabt." Beim Fahren ist das aber schlecht, oder? "Wieso?" Der Mann grinst.
18:17 Uhr - Marktplatz, Saturn, viertes Obergeschoss: 40 bis 50 Menschen reißen die Arme hoch, klatschen, jubeln. Gerade hat Miroslav Klose das 2:1 geschossen. Das Kaufhaus hat, wie andere Mitbewerber auch, seine TV-Abteilung in ein WM-Studio verwandelt. Dicht gedrängt stehen die Kunden vor einer Wand aus Dutzenden von Fernsehgeräten.
Im Verlauf der ersten Halbzeit wird der Ansturm allerdings deutlich zurückgehen. "Es ist viel weniger los als sonst an Freitagabenden", sagt denn auch Geschäftsführer Andreas Lange. Auch der Markt und die Fußgängerzone wirken seltsam leer. Ganz klar: "Die Leute sitzen jetzt zu Hause vorm Fernseher oder im Biergarten", sagt Lange. Oder in der "Südkurve"-Arena.
18.45 Uhr: Die "Südkurve" - das ist sozusagen Halles Mini-WM-Stadion. Auf einer Großbildleinwand auf einem sonst als Parkplatz genutzten Gelände am westlichen Rand der Innenstadt werden bis zum 9. Juli alle Spiele live übertragen. Eine Tribüne bietet viel Platz. "Rund 1 200 Besucher sind da", schätzt der Mann an der Kasse. Viele von ihnen sind schwarz-rot-gold geschminkt oder tragen Hüte in den deutschen Nationalfarben. Oder seltsame Kopfbedeckungen in Fußballform. Der Wachmann am äußeren Eingang bekommt davon nicht viel mit. Er hört nur den Ton der Übertragung. Ist das nicht komisch, so ohne Bild? Er winkt ab. "Wenn hier nichts los ist, geh' ich mal zur Tribüne. Dann kann ich alles sehen."
19.20 Uhr: "WM - hier alle Spiele live" wirbt ein Aufsteller vor der Gaststätte "Zum Würzburger" am Hallorenring. Nicht nur live, sondern auch unter freiem Himmel. Das Kneipen-Team hat den Fernseher kurzerhand auf den Gehsteig verfrachtet. An einem langen Tisch davor sitzt ein gutes Dutzend Zuschauer - und fiebert mit. Auch hier herrscht Hochstimmung. Kein Wunder, gerade hat Klose der deutschen Elf in der Partie gegen Costa Rica den dritten Treffer beschert. Die Fans auf dem Gehweg jubeln noch, als Kellnerin Silke das nächste Tablett mit vollen Biergläsern bringt.
20.10 Uhr: Wer vom deutschen 4:2-Sieg im Eröffnungsspiel jetzt noch nichts mitbekommen hat, braucht nur durch Halle zu fahren: Vor dem Opernhaus kurven hupende Autos rund um die Grünanlage auf dem Joliot-Curie-Platz; die Passagiere schwenken Deutschland-Fahnen. Aber nicht nur Deutsche freuen sich über den Erfolg der Klinsmann-Truppe: Schwarz-rot-goldene Flaggen bestimmen auch das Bild in einem "Afrika-Laden" in der Innenstadt. Dort steigt eine große Party. Rund 30 Afrikaner feiern den gelungenen WM-Auftakt des Gastgeberlandes.