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Jobs Überraschende Prognose für Sachsen-Anhalt: Arbeitslosigkeit sinkt in 2026

Die Zahl der Erwerbslosen in Sachsen-Anhalt soll laut einer Prognose im kommenden Jahr sogar sinken. Warum niedriges Wachstum und viele Firmeninsolvenzen sich nicht stärker auswirken.

Von Steffen Höhne 14.10.2025, 22:11
Stellenangebote bei einer Leiharbeitrsfirma: Ob Zeitarbeit eine Alternative ist, hängt von mehreren Faktoren ab.
Stellenangebote bei einer Leiharbeitrsfirma: Ob Zeitarbeit eine Alternative ist, hängt von mehreren Faktoren ab. Oliver Berg/dpa/dpa-tmn

Halle/MZ. - Die Wirtschaftsleistung in Sachsen-Anhalt schrumpft, die Zahl der Insolvenzen ist sehr hoch, dennoch bleibt der Arbeitsmarkt relativ stabil. Wirtschaftsforscher rechnen sogar damit, dass die Zahl der Erwerbslosen im kommenden Jahr zurückgeht. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), das zur Bundesagentur für Arbeit gehört, rechnet für 2026 im Schnitt mit 88.100 arbeitslosen Frauen und Männern im Land. Das wäre ein leichter Rückgang von 0,2 Prozent. In Ostdeutschland insgesamt wird mit einem Anstieg um ein Prozent gerechnet.

Dass der Arbeitsmarkt trotz aller Turbulenzen robust ist, hat laut IAB-Forscher Per Kropp mehrere Ursachen: „Angeschlagene Firmen bauen meist schrittweise Personal ab, viel wird auch über Altersteilzeit geregelt.“ Zudem würden Abfindungsprogramme von den Mitarbeitern genutzt, die auch bei anderen Firmen gute Jobaussichten haben. Laut Kropp streichen in Sachsen-Anhalt vor allem Industriefirmen Stellen. Ein Beispiel: Der Chemiekonzern Dow will in Schkopau (Saalekreis) einige Anlagen schließen (die MZ berichtete). Mehrere hundert Stellen sollen wegfallen, das streckt sich jedoch bis 2027.

Größerer Stellenabbau im Solarwerk von Meyer Burger in Bitterfeld-Wolfen

Auch einige insolvente Autozulieferer im Land halten bisher an ihren Mitarbeitern fest, um den Geschäftsbetrieb weiterzuführen. Der größte Stellenabbau dürfte in diesem Jahr im südlichen Landesteil bisher im Solarzellenwerk von Meyer Burger in Bitterfeld-Wolfen vorgenommen worden sein. Die Produktion wurde Anfang Mai eingestellt. 350 Mitarbeiter verloren ihre Arbeit. Umgekehrt wurden in den vergangenen zwölf Monaten in der Pflege insgesamt mehr als 2.000 Stellen neu geschaffen.

Ein weiterer wichtiger Faktor, der den Arbeitsmarkt entlastet, ist die Demografie. „Pauschal lässt sich sagen, dass auf zwei ältere Beschäftigte, die aus dem Berufsleben ausscheiden, nur ein junger einsteigt“, so Kropp. Deswegen würden auch weiter viele Firmen mit einem Fachkräftemangel kämpfen.

Zahl der Stellenangebote ist weitgehend stabil

Eine exklusive Auswertung für die MZ ergab zuletzt, dass der Stellenmarkt überraschenderweise recht stabil ist. Im ersten Halbjahr 2025 haben 18.134 Unternehmen aus Sachsen-Anhalt 149.524 Stellen ausgeschrieben. Das ist im Vergleich zum Vorjahr nur ein leichter Rückgang von 0,5 Prozent, ermittelte das Personalmarktforschungsunternehmen Index Research aus Berlin. Viele Betriebe suchen vor allem Mitarbeiter für die Nachbesetzung frei werdender Stellen.

Dennoch: Die Jobperspektiven haben sich nach Einschätzung von Markus Behrens, Chef der Landesarbeitsagentur, insgesamt eingetrübt. „Besonders die hohe Zahl an Langzeitarbeitslosen und der Rückgang bei den sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen zeigen, dass der Arbeitsmarkt in Sachsen-Anhalt unter Druck steht“, sagt er. Seit Mitte 2022 geht die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze kontinuierlich jeden Monat zurück. Zuletzt lag die Zahl der Beschäftigten im Land bei 789.700. Da die Bevölkerung insgesamt schrumpft, hatten Experten damit aber auch gerechnet.

Viele freie Jobs nur in Zeitarbeit und Teilzeit

Und die angebotenen Jobs sind mitunter unsicher. So gehen 17 Prozent der Stellenanzeigen bei der Arbeitsagentur auf Firmen aus der Zeitarbeit zurück. Gaststätten, Hotels und Cafés bieten häufig nur Teilzeitjobs, die allein zur Finanzierung des Lebensunterhaltes nicht ausreichen.

IAB-Forscher Kropp weist zudem darauf hin, dass in der Arbeitsmarkt-Prognose Sondereinflüsse nur schwer berücksichtigt werden können. So habe die Energiepreiskrise infolge des Ukraine-Krieges im Jahr 2022 „unsere Prognose über den Haufen geworfen“, erklärt er.