1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. "Wir sind keine Bodenspekulanten": "Wir sind keine Bodenspekulanten": Investor von "Bördegrün" weist Kritik zurück

"Wir sind keine Bodenspekulanten" "Wir sind keine Bodenspekulanten": Investor von "Bördegrün" weist Kritik zurück

Von Steffen Höhne 20.06.2018, 08:00
Landwirt Urban Jülich will Bördegrün als Ganzes erhalten.
Landwirt Urban Jülich will Bördegrün als Ganzes erhalten. Steffen Höhne

Niederndodeleben - In Ostdeutschland kaufen vermehrt finanzstarke Investoren Ackerflächen. Die Übernahme des großen Agrarbetriebes Agro Bördegrün durch den Landwirt Urban Jülich zusammen mit der Familie des Energie-Unternehmers Karl Gerhold sorgt daher in der Landwirtschaft Sachsen-Anhalts für einige Diskussionen.

„Herr Gerhold und ich sind keine Bodenspekulanten, sondern Unternehmer, die einen erfolgreichen Betrieb weiterführen und natürlich damit auch Geld verdienen wollen“, sagt Jülich. Der Betrieb mit 58 Mitarbeitern bewirtschaftet nicht nur 3.200 Hektar Fläche, sondern betreibt auch eine Tankstelle, Werkstätten, Biogasanlagen und eine Großküche, die unter anderem Kindergärten beliefert.

Konzept zum Erhalt von Bördegrün als Ganzes

„Als ich erfahren habe, dass mehrere Anteilseigner der Bördegrün aus Altersgründen ausscheiden wollen, habe ich mein Interesse bekundet“, sagt Jülich. Bördegrün liefere seit längerem Rohstoffe für Bioerdgas-Anlagen von Gerholds Unternehmen Getec. „Wir haben ein Konzept präsentiert, das den Erhalt des Unternehmens als Ganzes sichert“, sagt Jülich. „Es gab auch Interesse von Niederländern, doch hätten die auch Interesse an einer Großküche gehabt?“

Der Verkauf an Gerhold wurde unter anderem vom Chef des Bauernbundes, Kurt-Henning Klamroth, kritisiert: „Nicht finanzstarke Geschäftsleute, sondern Bauern sollten Betriebe mit Ackerboden übernehmen.“ Nach seinen Worten sei in Deutschland gesetzlich geregelt, dass Landwirte ein Vorkaufsrecht bei Ackerverkäufen haben. „Mit dem Kauf ganzer Betriebe wird das Gesetz jedoch ausgehebelt“, sagt Klamroth. Investoren wie Gerhold könnten so in die Landwirtschaft einsteigen, um Rendite zu erzielen.

Gerhold hat nach der Wende in Magdeburg den Energiedienstleister Getec aufgebaut, der heute 1.100 Mitarbeiter beschäftigt. Der Unternehmer ist im Nebenerwerb Landwirt. Jülich besitzt selbst einen Hof in der Börde mit 1.300 Hektar bewirtschafteter Fläche. Beide Unternehmer kennen sich von gemeinsamen Projekten mit Biogas-Anlagen. Nach Worten von Jülich ging es bei Bördegrün nicht vorrangig um den Kauf von Ackerland: „Mehr als 90 Prozent der Flächen pachtet der Betrieb.“ Der Eigenanteil ist also gering. In der Regel gehören den Höfen 20 bis 30 Prozent der Flächen selbst.

Mehr als fünf Prozent Rendite möglich

Nach Einschätzung von Agrarfachleuten lassen sich mit effizient geführten Ackerbaubetrieben jährliche Renditen von mehr als fünf Prozent erwirtschaften. Unternehmer wie Gerhold investieren daher auch in den Agrarsektor. Der Getec-Chef ist ehrenamtlicher CDU-Schatzmeister in Sachsen-Anhalt. Seine Familie besitzt zahlreiche Immobilien etwa in Magdeburg.

Eine Untersuchung des staatlichen Thünen-Instituts im vergangenen Jahr ergab, dass bereits ein Drittel der landwirtschaftlichen Betriebe im Osten Ortsfremden gehören. Vor zehn Jahren war es erst gut ein Fünftel. Jülich fragt: „Was ist ein ortsansässiger Unternehmer? Muss der den Kirchturm von seinem Wohnsitz aus sehen?“ (mz)